Vögel auf Varanger

Hallo allerseits,

ich war die letzten 1,5 Wochen in ornithologischer Mission auf Varanger unterwegs und habe dabei zahlreiche Motive vor die Kamera bekommen, die ich schon immer mal fotografieren wollte und die ich an dieser Stelle gern mit euch teilen möchte.
Dem einen oder anderen sagt Varanger sicher etwas, denn die ziemlich abelegen im äußersten Nordosten Norwegens gelegene Halbinsel ist ein wahres Paradies für Naturfotografen (entsprechend viele sind dort zur Hochsaison unterwegs).

Die zunächst arktisch-karg erscheinende Vegetation ist bei genauerem Hinsehen der Lebensraum zahlreicher interessanter Vogelarten.
Balzende Kampfläufer, Temminckstrandläufer und Regenbrachvögel und singende Spornammern, Rotkehlpieper und rotsternige Blaukehlchen sind nur einige der Highlights, die man erwarten kann.
Spoiler: viele dieser Arten konnte ich auch gut fotografieren.

Ich habe vor, auch ein wenig über die Umstände zu schreiben, unter denen meine Bilder entstanden sind, denn über diese ist im Vorfeld meist sehr wenig zu lesen und man kann vorher schwer einschätzen, was einen vor Ort erwarten wird.
Wenn Interesse besteht, beantworte ich gern alle organisatorischen Fragen zur Reise, ggf. auch per PN.

Anfangen möchte ich mit einem der häufigsten (Wat)vögel dort, dem Goldregenpfeifer.

Obwohl er im Fjell (auch weiter südlich) wirklich nicht selten ist, war es erstaunlich schwer, ihn nah vor die Kamera zu bekommen.
Langsam herankriechen führt hier nicht zum Ziel, die Vögel bemerken das und laufen davon.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen habe ich dann doch noch einen sehr kooperativen Vogel gefunden, der nur wenige Meter entfernt von mir herumlief.
Wenig später habe ichdann auch herausgefunden, warum, er hatte nämlich sein Nest direkt an der Straße gebaut, von der aus ich fotografierte.
(Ich habe mich dann natürlich schnell vom Nest entfernt, um den Bruterfolg nicht zu gefährden. Der Schutz des Vogels geht schließlich immer vor!)

Da bin ich ja mal gespannt, was noch so kommt.
Der Anfang ist schon mal bockstark (auch wenn ich deutlich kürzer belichtet hätte).

Schöner Thread mit einem tollen Einstiegsbild.
Ich freu mich da auch schon auf weitere Bilder und finde es schön, dass du auch etwas zu den Umständen schreibst.
Varanger steht bei uns auch noch auf der Urlaubsliste.

Dann leg mal los. Ich habe Varanger auf noch auf meinem Zettel...

@Stefan danke gut beobachtet, stimmt. Ich bin da in der Akutsituation manchmal schlampig und konzentriere mich darauf, das AF-Feld auf dem Vogelauge zu halten, was bei einer zackigen Limikole ohne Augen-AF ja nicht ganz einfach ist
@Tobias ebenfalls danke. Es war wirklich so cool da oben, ich bin immer noch geplättet, kann dieses Reiseziel wirklich zu 1000% empfehlen!

Weiter geht's mit einem anderen Pflichtmotiv, wenn man im hohen Norden unterwegs ist: dem Odinshühnchen.
Diese Vögel sind aus biologischer Sicht sehr interessant (vertauschte Geschlechterrollen), aber auch einfach faszinierend zu beobachten, wie sie schnell auf der Wasseroberfläche schwimmend (im Gegensatz zu den "klassischen" Limikolen) nach Insekten picken.

Sie sind nur etwa 20cm groß und ich habe sie tatsächlich so zutraulich erlebt, wie es immer beschrieben wird:
einfach an das Ufer eines Tümpels gelegt, wo vier Stück unterwegs waren, und nach einiger Zeit kamen sie so nah vorbei, dass ich meine Hand danach ausstrecken hätte können.
Das Problem war hier eher, sie weit weg genug zu erwischen
Toll war hier auch das Licht der Mitternachtssonne, deren goldene Strahlen das Wasser zum Leuchten gebracht haben.

beides sehr schön!

Den Goldregenpfeifer finde ich toll erwischt! Folge nun auch und freue mich auf mehr.

Danke für die netten Kommentare

Mein nächstes Bild zeigt eine meiner absoluten Lieblingsarten dort oben, der von vielen Fotografen erstaunlich wenig Beachtung geschenkt wird: die Spornammer.
Im Fjell im Inneren der Halbinsel ist sie erstaunlich häufig und in fast jedem passenden Gebüsch anzutreffen.
Ihren hübschen Gesang trägt sie oft im Singflug vor, was viele Arten dort oben gerne tun (Blaukehlchen, Rotkehlpieper), vermutlich in Ermangelung von hohen Sitzwarten.

Sie ist allerdings nicht gerade leicht zu erwischen, da sie doch relativ scheu ist.
Mit meinen Spornammer-Bildern bin ich auch nicht 100% zufrieden, aber dafür habe ich schon einen Grund, nochmal hochzufahren.

Okay, die Spornammer hat wohl nicht so den allgemeinen Geschmack getroffen

Dann mache ich mal mit einem Klassiker weiter, dem Mornellregenpfeifer.
Dieser, wie ich finde, sehr attraktive Vogel brütet auf Varanger, allerdings ziemlich selten; es gibt Spots, wo man sie deutlich zuverlässiger finden kann.
Insofern war es schon ornithologisch gesehen sehr cool, dass ich zwei Individuen recht nahe an einer Straße bei der Nahrungssuche entdecken konnte.

Nachdem ich mich dann beim Durchqueren eines Schneefeldes komplett durchnässt habe, waren die beiden Vögel zunächst sehr scheu und flogen bei Annäherung ein Stück weg.
Als ich mich dann aber hinsetzte, um den balzenden Temminckstrandläufern (vgl. NMZ) zuzuschauen, kamen sie auf einmal ganz von selbst sehr nah heran, bis auf wenige Meter.
Sie schienen regelrecht neugierig zu sein.
Wie so oft war es auch hier die richtige Taktik, sich einfach ein wenig ruhig hinzusetzen und abzuwarten...




Hier noch besagter Temminckstrandläufer im Balzflug (NMZ). Dieser ist dort oben ein ziemlich häufiger Brutvogel.

Dein Thread gefällt mir bisher sehr gut. Informative Kommentare zu schönen Fotos.
Freue mich schon auf weitere

panther_03 schrieb:

Okay, die Spornammer hat wohl nicht so den allgemeinen Geschmack getroffen
...

Zum Vergrößern anklicken....

Naja, würd ich nicht sagen. Aber ich denke, dass ich nicht zu jedem Bild was schreiben werden, auch wenn ich sie mir anschaue.
Wäre für mich eine super-Art, wenn ich sie denn mal sehen sollte, sehr schöner Vogel.
Die schwarzen Bereiche wirken mir bissl abgesoffen.

Richtig stark ist aber der Mornell - Klasse!

Holger Leyrer schrieb:

Dein Thread gefällt mir bisher sehr gut. Informative Kommentare zu schönen Fotos.
Freue mich schon auf weitere

Zum Vergrößern anklicken....

Da schliesse ich mich gerne an.

Danke für die Kommentare
@Stefan ist ja klar! Das Licht war in der Tat nicht gerade optimal.
Für mich selbst ist bei der Bewertung eines Vogelfotos neben fotografisch-ästhetischen Aspekten immer auch die Frage sehr wichtig, wie einfach eine Art zu fotografieren ist und ob es eine "mainstream"-Art ist.
Da die Spornammer relativ scheu ist und auch echt selten gezeigt wird, mag ich das Foto tatsächlich lieber als zB den Mornell, der ziemlich einfach zu bekommen war.
Ästethisch ansprechende, aber einfache Arten wie zB Papageientaucher finde ich persönlich ziemlich uninteressant, weil hier einfach die fotografische Challenge fehlt.
Aber das kann natürlich jeder sehen, wie er will

Damit ein bisschen Abwechslung zu den ganzen Limikolen reinkommt, hier eine Sperbereule.
Sie ist auf Varanger die häufigste Eule, aber trotzdem relativ selten.
Die Location wusste ich durch den Tipp eines befreundeten Fotografen, der sie dort im April gesehen hatte, und tatsächlich war sie noch da.

Zunächst konnte ich sie nur wenig dekorativ auf einem hohen Masten ablichten, aber als ich dann durch das danebengelegene Birkenwäldchen spazierte, kam sie herbeigeflogen und rief aufgeregt.
Vermutlich war ihr Nest in der Nähe, ich habe nicht groß danach gesucht (Sperbereulen sollen am Brutplatz ziemlich aggressiv sein).

Fein, wie es hier weiter geht.
Ich persönlich mag auch die Spornammer, auch wenn es villeicht nicht das perfekte Bild ist. Bei der Art habe ich mir selbst schon die Zähne ausgebissen und das Männchen saß immer dort wo ich nicht war.
Bei mir gibt es auch immer eine Abstufung je nachdem wie scher die Art zu fotografieren ist oder wie selten sie ist.

Odinshühnchen und Mornellregenpfeifer gehören eh zu meinen Lieblingsarten und ich finde, die hast du beide sehr schön in Szene gesetzt. Das gilt natürlich auch für die Sperbereule.

panther_03 schrieb:

Toll war hier auch das Licht der Mitternachtssonne, deren goldene Strahlen das Wasser zum Leuchten gebracht haben.

Zum Vergrößern anklicken....

Na das kann man wohl sagen! Ich bin jetzt zum dritten Mal in diesen Thread gekommen um mir Dein Odinshühnchen anzusehen. Mich begeistert das warme orangenfarbene Wasser in Verbindung mit diesem Vogel sehr - passt alles so gut zusammen, v.a. mit der orangeroten Zeichnung am Hals.

Jetzt ist das Thema aber auch abonniert - bin gespannt auf Weiteres. Und ich wünsche viel Spaß und Erfolg mit gut Licht da hoch oben im Norden

@Tobias danke!
@NPotch ebenfalls danke, freut mich dass dir das Odinshühnchen so gefällt ich bin zwar schon seit einer Woche wieder da, kann mich aber über Licht und Wetter rückblickend nicht wirklich beschweren

Noch ein paar Worte zum Thema Licht: durch die Mitternachtssonne hat man natürlich einige Stunden lang fantastisches goldenes Licht, so von 22.00-2.00.
Danach wird es wieder schlechter, ab 4.00 ist es schon wieder erstaunlich hart (so wie hier ca 1,5h nach Sonnenaufgang).
Ich fand es daher am praktikabelsten, einfach bis 2.00 aufzubleiben und spät schlafen zu gehen anstatt sehr früh aufzustehen, da das beste Licht wie gesagt relativ früh in der Nacht ist.
Voraussetzung dafür ist natürlich ein wolkenfreier Himmel, was dort oben keine Selbstverständlichkeit ist. Ich hatte Glück und immerhin ca. 4 wolkenlose Nächte.

Es bleibt limikolenlastig, als nächstes sind die beiden kleinsten Watvogelarten dran: Temminckstrandläufer und Zwergstrandläufer.
Temmincks sind auf Varanger wie schon erwähnt häufig anzutreffen und brüten nicht im Fjell, sondern auch direkt an der Küste.
Zwergstrandläufer sind hingegen deutlich seltener, an der Ostküste konnte ich aber schlussendlich einige Exemplare bei der Nahrungssuche an einer Bachmündung am Strand finden.
Die beiden Arten wollte ich schon immer mal fotografieren und es hat wirklich wahnsinnig Spaß gemacht, sie bei ihrer flinken Nahrungssuche zu verfolgen.
Sie sind wirklich winzig (kleiner als ein Spatz!), was sich auf Fotos leider immer schlecht vermitteln lässt.
Wie viele Vögel dort oben waren sie sehr zutraulich und kamen bis auf 2m heran, wenn man sich einfach auf den Boden legte.


Man erkennt ganz schön die Unterscheidungsmerkmale: während der Temminckstl. im PK eine eher graue Grundfärbung und gelbliche Beine hat...




...ist der Zwergstl. durch eine kontrastreich-orange Oberseite, einen deutlichen Überaugenstreif und schwarze Beine gekennzeichnet.

Eine tolle Artenvielfalt die du hier zeigst und beschreibst.

Heute erst entdeckt deinen thread, ich freue ich auf weitere Bilder und Text

Einfach schöne Bilder, die du da zeigst. Und auch deine Spornammer kommt hier gut an, zumindest bei mir

Tolle Tiere die du da fotografiert hast. Das scheint eine Reise wert zu sein. Wie war das Wetter um diese Jahreszeit?