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Betrachtungen zu Verfahren in der Nahbereichsfotografie
Oft genug wird die Frage gestellt, was für die Fotografie im Nahbereich die bessere Behelfslösung wäre: Zwischenring oder Nahlinse? Diese Frage wurde zwar schon oft korrekt beantwortet, nur werden die Hintergründe nicht immer genau erläutert. Daher hier mal eine kurze Betrachtung ohne Formeln, aber mit technischem Bildmaterial, um die verschiedenen Methoden vorzustellen und die damit zu erwartenden Ergebnisse zu illustrieren. Den echten Makrobereich möchte ich hier nicht behandeln, da dabei wieder andere Prinzipien und Lösungsmöglichkeiten greifen.
1. Welche Wege führen in den Nahbereich?
Normale fotografische Objektive sind für den Betrieb bei kleinen Abbildungsmaßstäben optimiert, also für Motive in Bereichen zwischen Landschaftsfotografie (quasi-unendlich-Einstellung) bis hin zum Portraitmaßstab (Abbildungsmaßstab ca. 1:15-1:10 an KB bzw. 1:20-1:15 an APS-C/DX oder 1:30-1:20 an FT). Will man noch näher heran, kann oder will sich aber kein Makroobjektiv leisten, so gibt es prinzipiell folgende Optionen:
a) Die im Nahbereich beginnenden Leistungseinbussen können auch bei nicht-Makroobjektiven durch Innenfokussierung mit Korrekturgliedern wie z.B. "floating elements" gering gehalten werden und damit ggf. ein erweiterter, gut auskorrigierter Nahbereich erzeugt werden. Vorteil: man benötigt kein Zusatzequipment, da alle erforderlichen Komponenten ja bereits im Objektiv eingebaut sind. Nachteil: solche Objektive sind meist teurer (und schwerer) als die entsprechenden Modelle ohne eine solche Korrektur. Ausserdem ist irgendwann auch damit ein Limit an Naheinstellung erreicht, so dass man insbesondere bei lichtstarken Festbrennweiten auch mit solchen Maßnahmen nur bis zu Abbildungsmaßstäben von ca. 1:8-1:6 kommt. Oberhalb dieser Vergrößerung werden dann wiederum Nahlinsen oder Zwischenringe benötigt.
b) Manche Zoomobjektive bieten von Haus aus einen "Makro-Bereich“ an, der zwar meist nicht ins echte Makro (Abbildungsmaßstab 1:2 oder größer) hineinlangt, wohl aber den Nahbereich mit abdeckt, der hier besprochen werden soll. Da Zoomobjektive im Vergleich zu moderaten Festbrennweiten ohnehin sehr komplex aufgebaute Optiken mit Verstellung der Glieder untereinander enthalten, kann je nach Konstruktion eine recht ordentliche Korrektur auch im Nahbereich erzielt werden. Da die Konstruktionen selbst allerdings sehr unterschiedliche Lösungen darstellen, kann nicht verallgemeinernd vorhergesagt werden, welches Objektiv nun wie gut im Nahbereich abschneidet. In diesem Punkt helfen daher nur Vergleichsfotos bei der Entscheidung. Natürlich werden auch Zoomobjektive bei zusätzlicher Nutzung von Zwischenringen oder Nahlinsen den in der Folge beschriebenen Gesetzmäßigkeiten gehorchen. Weiterhin ist zu beachten, dass die bei Naheinstellung erzeugte Brennweite deutlich von der am Zoomring angezeigten Brennweite abweichen kann. Dies wirkt sich auch auf die dann notwendige Nahlinsenstärke oder Zwischenring-Dicke aus.
c) Verlängerung des Auszugs durch Zwischenringe. Dieses Verfahren wird sehr gerne genutzt, da es prinzipiell mit allen Objektiven kombinierbar ist. Die Auswahl an Zwischenringen oder Zwischenring-Sätzen von Original- oder Fremdherstellern ist groß und Funktionen der Objektivsteuerung werden meist adäquat übertragen. Nur die nominelle Blendenzahl wird bei steigendem Abbildungsmaßstab ihre Bedeutung verlieren. Die "effektive Blende", die über Belichtung aber auch Beugung und Schärfentiefe mit entscheidet, wird dann zunehmend kleiner (Blendenzahl also größer), als die Blende, die an der Kamera bzw. am Objektiv eingestellt ist. Da die Belichtung seitens des Kamera-internen Belichtungsmessers "through-the-lens" gemessen wird, kompensiert die Kamera das dunkler werdende Bildfeld automatisch durch eine längere Belichtungs- oder Blitzleuchtdauer aus. Die Flexibilität mit Zwischenringen ist in der Tat beachtlich und kann bei Zoomobjektiven auch einen enorm großen Fokusbereich erzeugen. Da die Wirkstärke der verwendeten Zwischenringe von der eingestellten Brennweite abhängt, lässt sich eine "Fokussierung durch Brennweitenänderung" z.B. bei 70-200 mm Objektiven sehr gut nutzen, um auf die Pirsch zu gehen und sich bei Fluchtdistanz-kritischen Motiven ohne weitere Materialwechsel Stück um Stück an das Motiv der Begierde heranzuhangeln. Bei kurzen Brennweiten sinkt mit Zwischenringen der verbleibende Arbeitsabstand ganz rapide und mit starken Weitwinkeln kann nach Ansetzen von Zwischenringen die Fokusebene sogar *in* der Optik zu liegen kommen! In der Handhabung erfordern Zwischenringe wie Telekonverter etwas Geschick. So mancher hätte sich beim Wechseln von Zwischenringen schon eine dritte Hand gewünscht.
d) Abbildungsmaßstabs-Erweiterung durch Nahlinsen. Nahlinsen, gelegentlich auch „close up lens“ oder unrichtig „close up filter“ genannt, gibt es in zwei grundsätzlich unterschiedlichen Varianten. Auf der einen Seite stehen die preisgünstigen Einlinser, die alleine bzw. als komplette Sets angeboten werden, wobei typischerweise Stärken (in Dioptrien angegeben) zwischen +1 und bis zu +10 erhältlich sind. Auf der anderen Seite stehen die so genannten Vorsatzachromate, zwei zu einer Gruppe miteinander verkittete Linsen. Durch die Kombination zweier Glassorten mit unterschiedlichen dispersiven Eigenschaften kann hierdurch eine verbesserte Farbkorrektur erzeugt werden, die dem Achromat (wörtl. „nicht-farbiges“) ihren Namen gibt. Entsprechend der aufwändigeren Konstruktion sind achromatische Nahlinsen auch erheblich teurer (und schwerer). Allgemein verändern Nahlinsen nicht die Blende des Grundobjektivs. Die erzielbaren Abbildungsmaßstäbe steigen mit Dioptrienzahl und längeren Brennweiten des Grundobjektivs. An Zoomobjektiven betrieben wird bei Nahlinsen im Gegensatz zu den Zwischenringen der Fokus bei Brennweitenänderung beibehalten bzw. nur um die Längenänderung der Optik verschoben. Die einfache Handhabung und die leichte Verstaubarkeit in der Fototasche seien nur am Rande erwähnt.
e) Telekonverter für den Nahbereich? Ja, zusätzlich zur reinen Brennweitenverlängerung eignen sich Telekonverter aufgrund des Erhalts der Nahgrenze der Grundoptik natürlich auch zur Erweiterung des Abbildungsmaßstabes um den Faktor des Telekonverters. Optisch sind Telekonverter nichts anderes als „Vergrößerungsoptiken“, die das Bildfeld um den Konvertierungsfaktor vergrößert auf dem Sensor abbilden. Da das Objektiv mit einem Telekonverter keine größere Eintrittspupille bekommt, reduziert sich damit die Anfangsöffnung der Optik um 1 (1,4x-Konverter) bzw. 2 (2x-Konverter) Blendenstufe. Nomen est omen: Telekonverter sind optisch eher für Teleobjektive, d.h. für längere Brennweiten, kleine Bildwinkel und moderate Anfangsöffnungen optimiert. Je nach Konstruktion der Telekonverter ist ein physikalischer Anschluss an allen Objektiven oder bei aus dem Bajonett des Konverters hervorstehenden Elementen nur an ausgewählten Objektiven möglich. Gleiches gilt für Kombinationen mehrerer Telekonverter. Ein „workaround“, mit dem auch Telekonverter mit vorstehenden Elementen an alle Optiken anzusetzen sind, besteht darin, einen schmalen Zwischenring zwischen Telekonverter und Objektiv zu setzen. Der damit einhergehende Verlust der Unendlicheinstellung ist im Nahbereich nicht störend.
f) Kombinationen der genannten Techniken. Kombiniert man Zwischenringe, Nahlinsen oder Telekonverter, so wird damit meistens ein behelfsmäßiges Vordringen in den echten Makrobereich bezweckt, so dass diese Verfahren in Konkurrenz mit anderen (Makroobjektive, Retroadapter, Balgenköpfe, Lupenoptiken) treten. Die Bildfehler der Behelfslösungen summieren sich schnell so weit, dass auch eine sehr gute Grundoptik irgendwann nur noch „leere Vergrößerung“, also eine Bildvergrößerung ohne Auflösungs-Zugewinn ergibt. Die mit den jeweiligen Objektiven und Hilfsmitteln zu erzielenden „am wenigsten schlechte“ Lösungen möge jeder für sich selbst erproben. Hier möchte ich mich auf einfache Zwischenring/Nahlinsen-Betrachtungen beschränken.
Außer Frage steht, dass Makroobjektive bzw. Objektive mit Korrekturgliedern für den Nahbereich die optimalen Lösungen sind, um geringste Abbildungsfehler, beste Farbkorrektur und Planebnung des Bildfeldes zu gewährleisten. Wie sieht es aber mit den viel häufiger in den Fototaschen vorzufindenden Behelfsverfahren aus?
2. Abbildungsleistungen in der Fokusebene
Um die Konsequenzen von Auszugsverlängerung, einlinsigen Nahlinsen oder zweilinsigen Achromaten im Detail beschreiben zu können, wurden hier Berechnungen der Strahlengänge mit einer Raytracing-Software (Winlens 3D Basic, Ver. 1.1.1) durchgeführt und dargestellt. Die Ergebnisse zeigen sehr klar, für welche Bereiche sich welche Strategien der Nahfotografie besonders eigenen.
a) Eine oft geäusserte und damit nicht richtiger werdende Fehlbehauptung ist, dass Zwischenringe die optische Qualität nicht mindern würden, da sie ja keine Linsenelemente aufweisen. Im Nahbereich kann das Licht vom Motiv nicht mehr wie bei unendlich-Abbildung als quasi-paralleles („kollimiertes“) Strahlenbüschel auf die Frontlinse treffen, sondern es wird bei näheren Gegenstandsweiten ein vom Motivpunkt ausgehend divergierendes Strahlenbüschel sein. Hierfür ist die Grundoptik oberhalb gewisser Toleranzen nicht mehr ausgelegt. Obwohl mit zusätzlichem Auszug (einem Zwischenring) wieder eine Fokusebene erzielt wird, ist das Licht auf dem Weg durch das Objektiv nicht in den optimalen Winkeln zu den Linsenoberflächen geführt. Das Ergebnis ist, dass die Korrektur des Farbquerfehlers, der Bildfeldebnung und des Astigmatismus relativ stark leiden. Wie sich dies in Relation zu anderen Verfahren äussert, soll hier dargelegt werden.
In den anhängenden Bildern ist der Strahlengang durch ein ordentlich auskorrigiertes 50/1.8-Objektiv dargestellt und dessen errechnete Punktspreizfuntion (PSF; engl.: „point spread function“) an verschiedenen Positionen im rechten unteren Bildfeldquadranten wiedergegeben. Eine solche PSF zeigt, wie sich Licht verschiedener Wellenlängen (hier: Blau = 480 nm, Grün = 546 nm, Rot = 643 nm) an seinem Projektionsziel am Sensor verteilt. Ideal wäre es, wenn sich aus einem Motivpunkt auch am Sensor wieder ein Punkt ergäbe, so wie sich dies bei der oberen Abbildung bei der Projektion eines in unendlich liegenden Motivs durch ein sehr gut auskorrigiertes 50/1.8-Objektiv, abgeblendet auf f/8 ergibt. Im unteren Teil sehen wir die PSF des gleichen Objektivs, wiederum bei f/8, diesmal aber durch Auszugsverlängerung auf einen Arbeitsabstand von 250 mm fokussiert. Der hierfür benötigte Auszug ist mit ca. 10 mm zwar noch relativ gering, aber die Folgen in der Punktspreizfunktion sind bereits unübersehbar. Eine punktscharfe Projektion ergibt sich nur noch im Bildzentrum. Zum Bildrand hin steigen die Abbildungsfehler massiv an, was sich insbesondere in Astigmatismus und einem lateralen Farbfehler zeigt. Bei steigender Auszugsverlängerung wird zudem der Bildkreis der Optik bei unverändert großer Eintrittspupille größer. Der auf dem Sensor auftreffende Anteil des Bildkreises verringert sich also, so dass die effektive Blende kleiner wird. Dieser Effekt wird bei den gezeigten 10 mm Auszugsverlängerung zwar noch recht gering auffallen, bei längeren Zwischenringen (in Relation zur Brennweite) aber wird die effektive Blende kleiner und das Sucherbild entsprechend dunkler.
b) Bei der Anwendung von Nahlinsen muss der Auszug nicht notwendigerweise verlängert werden, da sie ein anderes Prinzip nutzen: Nahlinsen suggerieren als bei einer Gegenstandsweite, die der Brennweite der Nahlinse (zu errechnen als 1 m geteilt durch die Dioptrienzahl) entspricht, dem Grundobjektiv ein in unendlich liegendes Motiv. Da die Brechkraft durch Hinzufügen der Nahlinse steigt, während die absolute Blendenöffnung unverändert ist, ergibt sich mit Nahlinsen auch keine Verdunklung im Sucherbild; die effektive Blende bleibt mit der nominellen Blende (hier immer f/8.0) nahezu identisch. Wie sieht es nun mit der Abbildung aus? Die Punktspreizfunktion im 2. Bild oben zeigt, was geschieht: die Abbildung ist bei Anwendung einer einlinsigen Nahlinse zwar im Bildzentrum gut, da dort die sphärischen Abbildungsfehler der „Linse bester Form“ gering sind, in steigendem Abstand zum Bildzentrum wird die Sache aber noch schlechter als bei den Zwischenringen. Eine Punktprojektion wird verwaschen und die Farben klaffen wiederum auseinander. Das Ergebnis eines planen Motivs zeigt also ein zunehmendes Verschwimmen zu den Rändern mitsamt Farbsäumen.
c) Bei einer zweilinsigen achromatischen Nahlinse sieht man den Effekt im unteren Bildteil: die Auflösung sagittaler Strukturen ist ähnlich wie bei der einlinsigen Nahlinse. Die Abbildung meridionaler Strukturen ist aber durch den beherrschten Farbfehler zumindest deutlich geringer ausgezogen; die Farbtrennung entfällt nahezu komplett. Die Auflösung wird in etwa auf dem Niveau der Abbildung mit Zwischenringen liegen, Farbsäume allerdings sind besser kontrolliert als mit Zwischenringen.
3. Abbildungsleistungen unter Berücksichtigung der Bildfeldkrümmung
Da man meist nicht perfekt ebene Motive im Nahbereich abbildet, sollte man auch beachten, ob die Darstellung im Bildfeld generell verschlechtert ist, oder ob einfach nur die Bildfeldebnung unter der Naheinstellung gelitten hat. In der dritten - vielleicht etwas überladenen Abbildung - erkennt man dies. Anzumerken ist, dass alle PSF-Abbildungen in dieser Darstellung identisch skaliert sind, so dass bei KB-Sensoren mit z=0,03 mm eine hinreichende Schärfe bei Verteilung der PSF auf max. 1/6 der Breite der Grafik erzielt wird.
Wiederum sind links die bekannten Strahlengänge schematisch gezeigt (von oben nach unten: Unendlicheinstellung der Optik, Auszugsverlängerung, einlinsige Nahlinse und Achromat). Rechts daneben erkennt man nun die Punktspreizfunktionen in der „echten“ Fokusebene (0 mm), sowie bei leichter Defokussierung (-0,1 bis -0,4 mm) und bei Defokussierung um -0,8 mm. Die Defokussierung im Minusbereich zeigt an, dass die zum Bildrand hin orientierten Anteile näher zur Kamera gelegen sein müssen, um ihrerseits am Sensor fokussiert zu werden. In der unendlich-eingestellten Optik kommt es bei Defokussierung naturgemäß nahezu perfekt gleichmäßig zur Aufweitung der Punktspreizfunktion. Das Bildfeld war also unter dieser Abbildungsgeometrie optimal geebnet und eine Defokussierung erzeugt lediglich eine zunehmende Unschärfe im gesamten Bildfeld.
In der Variante mit Auszugsverlängerung erkennt man, dass sich die Abbildung im Bildzentrum bei Defokussierung bereits verschlechtert, während Bildpunkte in halber Bildhöhe nun eher etwas schärfer werden. Die Farbseparation bleibt allerdings auch dann bestehen. Eine optimale Fokussierung sagittaler Strukturen ergibt sich bei -0,4 mm, tangential orientierte Strukturen würden als Zeichen des Astigmatismus erst bei -0,8 mm Fokusabweichung optimal aufgelost werden, selbst wenn nun auch die einzelnen Spektralfarben besonders stark separiert werden.
Bei Nutzung einer einlinsigen Nahlinse wird dieser Effekt auch auftreten, wobei die Form der Nahlinse darüber entscheidet, an welcher Brennweite der Grundoptik die Bildfeldkrümmung stärker in Erscheinung tritt. Hier gezeigt ist quasi der worst case, also eine Nahlinsenform, die mit einer extremen Teleoptik harmonieren würde. Bei zunehmender Defokussierung wandert als Zeichen der Bildfeldkrümmung der Ort der optimalen Fokussierung klar durch das Bildfeld. Dies zeigt, dass die Schärfekontrolle geringfügig besser, die Farbkontrolle aber schlechter als bei Zwischenringen ist. Die in diesem Beispiel gezeigte Bildfeldkrümmng ist deutlich größer als in der Variante mit Zwischenringen, kann aber durch eine Veränderung in der Form der Nahlinse noch deutlich verbessert werden, wie in Beitrag #5 gezeigt ist.
Mit einer achromatisch aufgebauten Nahlinse ist wiederum der Effekt der Bildfeldkrümmung hier stark ausgeprägt. Dennoch wird bei jeweils passender Defokussierung über einen großen Teil des Bildfeldes noch eine recht scharfe Abbildung erzeugt, die keine Farbseparation aufweist, wohl aber einen Astigmatismus. Insgesamt zeigt die achromatische Nahlinse die beste Korrektur, wenn auch unter Opferung der perfekten Planebnung des Bildfeldes. Durch Anpassung der Wölbungsradien der achromatischen Nahlinse kann wiederum die Bildfeldwölbung an die Brennweite der Grundoptik angepasst stark verbessert werden, ein Beispiel hierzu ist wieder in Beitrag #5 auf Stuessis Anregung hin zu finden.
4. Zusammenfassung
Unter den drei Behelfslösungen (Zwischenring, einfache Nahlinse, achromatische Nahlinse) zeigt eigentlich nur die einlinsige Nahlinse nirgends optimale Abbildungseigenschaften und ist damit als generell unterlegen einzustufen. Zwischenringe bilden immer dann gut ab, wenn das Hauptmotiv nur in Bildmitte liegt oder wenn ein sehr planes Motiv fotografiert werden soll. Die achromatische Nahlinse gewinnt immer dann, wenn eine gewisse Bildfeldkrümmung hinnehmbar ist, Farbsäume allerdings nicht toleriert werden. Bei natürlichen Motiven dürfte dies die Mehrheit der Anwendungen am besten abdecken, und auch Fokus-ferne Partien werden neutral, d.h. ohne störend bemerkbare Farbsäume wiedergegeben.
Aussagekräftige Bildbeispiele lieferte Stuessi dankenswerterweise nach:
https://www.dslr-forum.de/showpost.php?p=6064937&postcount=4
P.S.: Korrekturvorschläge zu diesem technischen Ratgebertext werden (idealerweise via PN) gerne angenommen und eingepflegt. Antworten, auch mit Bildbeispielen, sind natürlich gerne gesehen.
Oft genug wird die Frage gestellt, was für die Fotografie im Nahbereich die bessere Behelfslösung wäre: Zwischenring oder Nahlinse? Diese Frage wurde zwar schon oft korrekt beantwortet, nur werden die Hintergründe nicht immer genau erläutert. Daher hier mal eine kurze Betrachtung ohne Formeln, aber mit technischem Bildmaterial, um die verschiedenen Methoden vorzustellen und die damit zu erwartenden Ergebnisse zu illustrieren. Den echten Makrobereich möchte ich hier nicht behandeln, da dabei wieder andere Prinzipien und Lösungsmöglichkeiten greifen.
1. Welche Wege führen in den Nahbereich?
Normale fotografische Objektive sind für den Betrieb bei kleinen Abbildungsmaßstäben optimiert, also für Motive in Bereichen zwischen Landschaftsfotografie (quasi-unendlich-Einstellung) bis hin zum Portraitmaßstab (Abbildungsmaßstab ca. 1:15-1:10 an KB bzw. 1:20-1:15 an APS-C/DX oder 1:30-1:20 an FT). Will man noch näher heran, kann oder will sich aber kein Makroobjektiv leisten, so gibt es prinzipiell folgende Optionen:
a) Die im Nahbereich beginnenden Leistungseinbussen können auch bei nicht-Makroobjektiven durch Innenfokussierung mit Korrekturgliedern wie z.B. "floating elements" gering gehalten werden und damit ggf. ein erweiterter, gut auskorrigierter Nahbereich erzeugt werden. Vorteil: man benötigt kein Zusatzequipment, da alle erforderlichen Komponenten ja bereits im Objektiv eingebaut sind. Nachteil: solche Objektive sind meist teurer (und schwerer) als die entsprechenden Modelle ohne eine solche Korrektur. Ausserdem ist irgendwann auch damit ein Limit an Naheinstellung erreicht, so dass man insbesondere bei lichtstarken Festbrennweiten auch mit solchen Maßnahmen nur bis zu Abbildungsmaßstäben von ca. 1:8-1:6 kommt. Oberhalb dieser Vergrößerung werden dann wiederum Nahlinsen oder Zwischenringe benötigt.
b) Manche Zoomobjektive bieten von Haus aus einen "Makro-Bereich“ an, der zwar meist nicht ins echte Makro (Abbildungsmaßstab 1:2 oder größer) hineinlangt, wohl aber den Nahbereich mit abdeckt, der hier besprochen werden soll. Da Zoomobjektive im Vergleich zu moderaten Festbrennweiten ohnehin sehr komplex aufgebaute Optiken mit Verstellung der Glieder untereinander enthalten, kann je nach Konstruktion eine recht ordentliche Korrektur auch im Nahbereich erzielt werden. Da die Konstruktionen selbst allerdings sehr unterschiedliche Lösungen darstellen, kann nicht verallgemeinernd vorhergesagt werden, welches Objektiv nun wie gut im Nahbereich abschneidet. In diesem Punkt helfen daher nur Vergleichsfotos bei der Entscheidung. Natürlich werden auch Zoomobjektive bei zusätzlicher Nutzung von Zwischenringen oder Nahlinsen den in der Folge beschriebenen Gesetzmäßigkeiten gehorchen. Weiterhin ist zu beachten, dass die bei Naheinstellung erzeugte Brennweite deutlich von der am Zoomring angezeigten Brennweite abweichen kann. Dies wirkt sich auch auf die dann notwendige Nahlinsenstärke oder Zwischenring-Dicke aus.
c) Verlängerung des Auszugs durch Zwischenringe. Dieses Verfahren wird sehr gerne genutzt, da es prinzipiell mit allen Objektiven kombinierbar ist. Die Auswahl an Zwischenringen oder Zwischenring-Sätzen von Original- oder Fremdherstellern ist groß und Funktionen der Objektivsteuerung werden meist adäquat übertragen. Nur die nominelle Blendenzahl wird bei steigendem Abbildungsmaßstab ihre Bedeutung verlieren. Die "effektive Blende", die über Belichtung aber auch Beugung und Schärfentiefe mit entscheidet, wird dann zunehmend kleiner (Blendenzahl also größer), als die Blende, die an der Kamera bzw. am Objektiv eingestellt ist. Da die Belichtung seitens des Kamera-internen Belichtungsmessers "through-the-lens" gemessen wird, kompensiert die Kamera das dunkler werdende Bildfeld automatisch durch eine längere Belichtungs- oder Blitzleuchtdauer aus. Die Flexibilität mit Zwischenringen ist in der Tat beachtlich und kann bei Zoomobjektiven auch einen enorm großen Fokusbereich erzeugen. Da die Wirkstärke der verwendeten Zwischenringe von der eingestellten Brennweite abhängt, lässt sich eine "Fokussierung durch Brennweitenänderung" z.B. bei 70-200 mm Objektiven sehr gut nutzen, um auf die Pirsch zu gehen und sich bei Fluchtdistanz-kritischen Motiven ohne weitere Materialwechsel Stück um Stück an das Motiv der Begierde heranzuhangeln. Bei kurzen Brennweiten sinkt mit Zwischenringen der verbleibende Arbeitsabstand ganz rapide und mit starken Weitwinkeln kann nach Ansetzen von Zwischenringen die Fokusebene sogar *in* der Optik zu liegen kommen! In der Handhabung erfordern Zwischenringe wie Telekonverter etwas Geschick. So mancher hätte sich beim Wechseln von Zwischenringen schon eine dritte Hand gewünscht.
d) Abbildungsmaßstabs-Erweiterung durch Nahlinsen. Nahlinsen, gelegentlich auch „close up lens“ oder unrichtig „close up filter“ genannt, gibt es in zwei grundsätzlich unterschiedlichen Varianten. Auf der einen Seite stehen die preisgünstigen Einlinser, die alleine bzw. als komplette Sets angeboten werden, wobei typischerweise Stärken (in Dioptrien angegeben) zwischen +1 und bis zu +10 erhältlich sind. Auf der anderen Seite stehen die so genannten Vorsatzachromate, zwei zu einer Gruppe miteinander verkittete Linsen. Durch die Kombination zweier Glassorten mit unterschiedlichen dispersiven Eigenschaften kann hierdurch eine verbesserte Farbkorrektur erzeugt werden, die dem Achromat (wörtl. „nicht-farbiges“) ihren Namen gibt. Entsprechend der aufwändigeren Konstruktion sind achromatische Nahlinsen auch erheblich teurer (und schwerer). Allgemein verändern Nahlinsen nicht die Blende des Grundobjektivs. Die erzielbaren Abbildungsmaßstäbe steigen mit Dioptrienzahl und längeren Brennweiten des Grundobjektivs. An Zoomobjektiven betrieben wird bei Nahlinsen im Gegensatz zu den Zwischenringen der Fokus bei Brennweitenänderung beibehalten bzw. nur um die Längenänderung der Optik verschoben. Die einfache Handhabung und die leichte Verstaubarkeit in der Fototasche seien nur am Rande erwähnt.
e) Telekonverter für den Nahbereich? Ja, zusätzlich zur reinen Brennweitenverlängerung eignen sich Telekonverter aufgrund des Erhalts der Nahgrenze der Grundoptik natürlich auch zur Erweiterung des Abbildungsmaßstabes um den Faktor des Telekonverters. Optisch sind Telekonverter nichts anderes als „Vergrößerungsoptiken“, die das Bildfeld um den Konvertierungsfaktor vergrößert auf dem Sensor abbilden. Da das Objektiv mit einem Telekonverter keine größere Eintrittspupille bekommt, reduziert sich damit die Anfangsöffnung der Optik um 1 (1,4x-Konverter) bzw. 2 (2x-Konverter) Blendenstufe. Nomen est omen: Telekonverter sind optisch eher für Teleobjektive, d.h. für längere Brennweiten, kleine Bildwinkel und moderate Anfangsöffnungen optimiert. Je nach Konstruktion der Telekonverter ist ein physikalischer Anschluss an allen Objektiven oder bei aus dem Bajonett des Konverters hervorstehenden Elementen nur an ausgewählten Objektiven möglich. Gleiches gilt für Kombinationen mehrerer Telekonverter. Ein „workaround“, mit dem auch Telekonverter mit vorstehenden Elementen an alle Optiken anzusetzen sind, besteht darin, einen schmalen Zwischenring zwischen Telekonverter und Objektiv zu setzen. Der damit einhergehende Verlust der Unendlicheinstellung ist im Nahbereich nicht störend.
f) Kombinationen der genannten Techniken. Kombiniert man Zwischenringe, Nahlinsen oder Telekonverter, so wird damit meistens ein behelfsmäßiges Vordringen in den echten Makrobereich bezweckt, so dass diese Verfahren in Konkurrenz mit anderen (Makroobjektive, Retroadapter, Balgenköpfe, Lupenoptiken) treten. Die Bildfehler der Behelfslösungen summieren sich schnell so weit, dass auch eine sehr gute Grundoptik irgendwann nur noch „leere Vergrößerung“, also eine Bildvergrößerung ohne Auflösungs-Zugewinn ergibt. Die mit den jeweiligen Objektiven und Hilfsmitteln zu erzielenden „am wenigsten schlechte“ Lösungen möge jeder für sich selbst erproben. Hier möchte ich mich auf einfache Zwischenring/Nahlinsen-Betrachtungen beschränken.
Außer Frage steht, dass Makroobjektive bzw. Objektive mit Korrekturgliedern für den Nahbereich die optimalen Lösungen sind, um geringste Abbildungsfehler, beste Farbkorrektur und Planebnung des Bildfeldes zu gewährleisten. Wie sieht es aber mit den viel häufiger in den Fototaschen vorzufindenden Behelfsverfahren aus?
2. Abbildungsleistungen in der Fokusebene
Um die Konsequenzen von Auszugsverlängerung, einlinsigen Nahlinsen oder zweilinsigen Achromaten im Detail beschreiben zu können, wurden hier Berechnungen der Strahlengänge mit einer Raytracing-Software (Winlens 3D Basic, Ver. 1.1.1) durchgeführt und dargestellt. Die Ergebnisse zeigen sehr klar, für welche Bereiche sich welche Strategien der Nahfotografie besonders eigenen.
a) Eine oft geäusserte und damit nicht richtiger werdende Fehlbehauptung ist, dass Zwischenringe die optische Qualität nicht mindern würden, da sie ja keine Linsenelemente aufweisen. Im Nahbereich kann das Licht vom Motiv nicht mehr wie bei unendlich-Abbildung als quasi-paralleles („kollimiertes“) Strahlenbüschel auf die Frontlinse treffen, sondern es wird bei näheren Gegenstandsweiten ein vom Motivpunkt ausgehend divergierendes Strahlenbüschel sein. Hierfür ist die Grundoptik oberhalb gewisser Toleranzen nicht mehr ausgelegt. Obwohl mit zusätzlichem Auszug (einem Zwischenring) wieder eine Fokusebene erzielt wird, ist das Licht auf dem Weg durch das Objektiv nicht in den optimalen Winkeln zu den Linsenoberflächen geführt. Das Ergebnis ist, dass die Korrektur des Farbquerfehlers, der Bildfeldebnung und des Astigmatismus relativ stark leiden. Wie sich dies in Relation zu anderen Verfahren äussert, soll hier dargelegt werden.
In den anhängenden Bildern ist der Strahlengang durch ein ordentlich auskorrigiertes 50/1.8-Objektiv dargestellt und dessen errechnete Punktspreizfuntion (PSF; engl.: „point spread function“) an verschiedenen Positionen im rechten unteren Bildfeldquadranten wiedergegeben. Eine solche PSF zeigt, wie sich Licht verschiedener Wellenlängen (hier: Blau = 480 nm, Grün = 546 nm, Rot = 643 nm) an seinem Projektionsziel am Sensor verteilt. Ideal wäre es, wenn sich aus einem Motivpunkt auch am Sensor wieder ein Punkt ergäbe, so wie sich dies bei der oberen Abbildung bei der Projektion eines in unendlich liegenden Motivs durch ein sehr gut auskorrigiertes 50/1.8-Objektiv, abgeblendet auf f/8 ergibt. Im unteren Teil sehen wir die PSF des gleichen Objektivs, wiederum bei f/8, diesmal aber durch Auszugsverlängerung auf einen Arbeitsabstand von 250 mm fokussiert. Der hierfür benötigte Auszug ist mit ca. 10 mm zwar noch relativ gering, aber die Folgen in der Punktspreizfunktion sind bereits unübersehbar. Eine punktscharfe Projektion ergibt sich nur noch im Bildzentrum. Zum Bildrand hin steigen die Abbildungsfehler massiv an, was sich insbesondere in Astigmatismus und einem lateralen Farbfehler zeigt. Bei steigender Auszugsverlängerung wird zudem der Bildkreis der Optik bei unverändert großer Eintrittspupille größer. Der auf dem Sensor auftreffende Anteil des Bildkreises verringert sich also, so dass die effektive Blende kleiner wird. Dieser Effekt wird bei den gezeigten 10 mm Auszugsverlängerung zwar noch recht gering auffallen, bei längeren Zwischenringen (in Relation zur Brennweite) aber wird die effektive Blende kleiner und das Sucherbild entsprechend dunkler.
b) Bei der Anwendung von Nahlinsen muss der Auszug nicht notwendigerweise verlängert werden, da sie ein anderes Prinzip nutzen: Nahlinsen suggerieren als bei einer Gegenstandsweite, die der Brennweite der Nahlinse (zu errechnen als 1 m geteilt durch die Dioptrienzahl) entspricht, dem Grundobjektiv ein in unendlich liegendes Motiv. Da die Brechkraft durch Hinzufügen der Nahlinse steigt, während die absolute Blendenöffnung unverändert ist, ergibt sich mit Nahlinsen auch keine Verdunklung im Sucherbild; die effektive Blende bleibt mit der nominellen Blende (hier immer f/8.0) nahezu identisch. Wie sieht es nun mit der Abbildung aus? Die Punktspreizfunktion im 2. Bild oben zeigt, was geschieht: die Abbildung ist bei Anwendung einer einlinsigen Nahlinse zwar im Bildzentrum gut, da dort die sphärischen Abbildungsfehler der „Linse bester Form“ gering sind, in steigendem Abstand zum Bildzentrum wird die Sache aber noch schlechter als bei den Zwischenringen. Eine Punktprojektion wird verwaschen und die Farben klaffen wiederum auseinander. Das Ergebnis eines planen Motivs zeigt also ein zunehmendes Verschwimmen zu den Rändern mitsamt Farbsäumen.
c) Bei einer zweilinsigen achromatischen Nahlinse sieht man den Effekt im unteren Bildteil: die Auflösung sagittaler Strukturen ist ähnlich wie bei der einlinsigen Nahlinse. Die Abbildung meridionaler Strukturen ist aber durch den beherrschten Farbfehler zumindest deutlich geringer ausgezogen; die Farbtrennung entfällt nahezu komplett. Die Auflösung wird in etwa auf dem Niveau der Abbildung mit Zwischenringen liegen, Farbsäume allerdings sind besser kontrolliert als mit Zwischenringen.
3. Abbildungsleistungen unter Berücksichtigung der Bildfeldkrümmung
Da man meist nicht perfekt ebene Motive im Nahbereich abbildet, sollte man auch beachten, ob die Darstellung im Bildfeld generell verschlechtert ist, oder ob einfach nur die Bildfeldebnung unter der Naheinstellung gelitten hat. In der dritten - vielleicht etwas überladenen Abbildung - erkennt man dies. Anzumerken ist, dass alle PSF-Abbildungen in dieser Darstellung identisch skaliert sind, so dass bei KB-Sensoren mit z=0,03 mm eine hinreichende Schärfe bei Verteilung der PSF auf max. 1/6 der Breite der Grafik erzielt wird.
Wiederum sind links die bekannten Strahlengänge schematisch gezeigt (von oben nach unten: Unendlicheinstellung der Optik, Auszugsverlängerung, einlinsige Nahlinse und Achromat). Rechts daneben erkennt man nun die Punktspreizfunktionen in der „echten“ Fokusebene (0 mm), sowie bei leichter Defokussierung (-0,1 bis -0,4 mm) und bei Defokussierung um -0,8 mm. Die Defokussierung im Minusbereich zeigt an, dass die zum Bildrand hin orientierten Anteile näher zur Kamera gelegen sein müssen, um ihrerseits am Sensor fokussiert zu werden. In der unendlich-eingestellten Optik kommt es bei Defokussierung naturgemäß nahezu perfekt gleichmäßig zur Aufweitung der Punktspreizfunktion. Das Bildfeld war also unter dieser Abbildungsgeometrie optimal geebnet und eine Defokussierung erzeugt lediglich eine zunehmende Unschärfe im gesamten Bildfeld.
In der Variante mit Auszugsverlängerung erkennt man, dass sich die Abbildung im Bildzentrum bei Defokussierung bereits verschlechtert, während Bildpunkte in halber Bildhöhe nun eher etwas schärfer werden. Die Farbseparation bleibt allerdings auch dann bestehen. Eine optimale Fokussierung sagittaler Strukturen ergibt sich bei -0,4 mm, tangential orientierte Strukturen würden als Zeichen des Astigmatismus erst bei -0,8 mm Fokusabweichung optimal aufgelost werden, selbst wenn nun auch die einzelnen Spektralfarben besonders stark separiert werden.
Bei Nutzung einer einlinsigen Nahlinse wird dieser Effekt auch auftreten, wobei die Form der Nahlinse darüber entscheidet, an welcher Brennweite der Grundoptik die Bildfeldkrümmung stärker in Erscheinung tritt. Hier gezeigt ist quasi der worst case, also eine Nahlinsenform, die mit einer extremen Teleoptik harmonieren würde. Bei zunehmender Defokussierung wandert als Zeichen der Bildfeldkrümmung der Ort der optimalen Fokussierung klar durch das Bildfeld. Dies zeigt, dass die Schärfekontrolle geringfügig besser, die Farbkontrolle aber schlechter als bei Zwischenringen ist. Die in diesem Beispiel gezeigte Bildfeldkrümmng ist deutlich größer als in der Variante mit Zwischenringen, kann aber durch eine Veränderung in der Form der Nahlinse noch deutlich verbessert werden, wie in Beitrag #5 gezeigt ist.
Mit einer achromatisch aufgebauten Nahlinse ist wiederum der Effekt der Bildfeldkrümmung hier stark ausgeprägt. Dennoch wird bei jeweils passender Defokussierung über einen großen Teil des Bildfeldes noch eine recht scharfe Abbildung erzeugt, die keine Farbseparation aufweist, wohl aber einen Astigmatismus. Insgesamt zeigt die achromatische Nahlinse die beste Korrektur, wenn auch unter Opferung der perfekten Planebnung des Bildfeldes. Durch Anpassung der Wölbungsradien der achromatischen Nahlinse kann wiederum die Bildfeldwölbung an die Brennweite der Grundoptik angepasst stark verbessert werden, ein Beispiel hierzu ist wieder in Beitrag #5 auf Stuessis Anregung hin zu finden.
4. Zusammenfassung
Unter den drei Behelfslösungen (Zwischenring, einfache Nahlinse, achromatische Nahlinse) zeigt eigentlich nur die einlinsige Nahlinse nirgends optimale Abbildungseigenschaften und ist damit als generell unterlegen einzustufen. Zwischenringe bilden immer dann gut ab, wenn das Hauptmotiv nur in Bildmitte liegt oder wenn ein sehr planes Motiv fotografiert werden soll. Die achromatische Nahlinse gewinnt immer dann, wenn eine gewisse Bildfeldkrümmung hinnehmbar ist, Farbsäume allerdings nicht toleriert werden. Bei natürlichen Motiven dürfte dies die Mehrheit der Anwendungen am besten abdecken, und auch Fokus-ferne Partien werden neutral, d.h. ohne störend bemerkbare Farbsäume wiedergegeben.
Aussagekräftige Bildbeispiele lieferte Stuessi dankenswerterweise nach:
https://www.dslr-forum.de/showpost.php?p=6064937&postcount=4
P.S.: Korrekturvorschläge zu diesem technischen Ratgebertext werden (idealerweise via PN) gerne angenommen und eingepflegt. Antworten, auch mit Bildbeispielen, sind natürlich gerne gesehen.
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