Das liegt v. a. an der helligkeitsoptimierten Mattscheibe, die mehr Schärfentiefe zeigt als tatsächlich vorhanden ist.
Ich hätte jetzt gerne mal erklärt, wie eine "helligkeitsoptimierte Mattscheibe" mehr Schärfentiefe zeigen mann als tatsächlich vorhanden ist...
Die Schärfentiefe hängt von Brennweite und Blende ab. Bei einer SLR mit Offenblendentechnik wird für das Sucherbild stets die größte Blende benutzt. Also zeigt das Sucherbild die Schärfentiefe bei der entsprechenden größten Blende, was dazu führt, daß diese eher gering ist.
Keine wie auch immer optimierte Mattscheibe kann daran etwas ändern.
Das Problem ist ein völlig anderes: die größe der "Zerstreuungskreise" hängt von der Abbildungsgröße ab. Auf einerm Kontaktabzug im Format 24x36mm zum Beispiel, also 1:1, ist die vermeintliche Schärfentiefe erheblich größer als später in der Vergrößerung. In dieser Bildgröße wirkt der Hintergrund einer Portraitaufnahme mit einem 100er bei Blende 2 vergleichsweise scharf, so daß man sich schon fragt: "Wieso ist der Hintergrund denn nicht freigestellt."
Vergrößert man das ganze auf 24 x 30 cm, ist der Hintergrund plötzlich völlig unscharf. Logisch, die Zerstreuungskreise sind ja auch mehrfach vergrößert worden.
In einem kleinen Sucherbild kann die Schärfentiefen-Wirkung nicht wirklich beurteilt werden, sowas geht frühestens bei Großformat-Kameras von 13 x 18 cm aufwärts. Da
sieht man es dann tatsächlich. Bei einem (D)SLR-Sucher bildet man sich das ein, und natürlich wird's "irgendwie schärfer", wenn ich das 35er oder 85er von 2.0 auf 16 abblende. (Und erheblich düsterer natürlich auch.)
Eine wirklich brauchbare Information über den Schärfenverlauf gibt das aber nicht. Da ist eine Schärfentiefen-Tabelle und ein Metermaß schon hilfreicher, wenn auch eher unpraktisch.
Filmkameras übrigens haben alle vorne ein ausrollbares Metermaß eingebaut, so daß man die Entfernung z.B. bei Portraitaufnahmen über den Abgleich von Schärfenskala des Objektivs und Entfernungs
messung zwischen Filmebene und Auge des Schauspielers einstellen kann.
Dagegen hilft kein noch so großer Sucher und kein noch so gutes Auge, sondern nur eine altmodische Vollmattscheibe. Sowas gibt es z. B. für bestimmte Canon-Kameras zum Nachrüsten. Allerdings erkennt man dann auch gleich den Nachteil: Mit einer Vollmattscheibe ist das Sucherbild schon bei Offenblende ziemlich dunkel (und beim Abblenden umso mehr).
Einmal das, und außerdem kann man bei dem kleinen Abbildungsmaßstab die Schärfentiefe immer noch nicht sinnvoll überprüfen. Es ist und bleibt einfach - ein ziemliches Rätselraten.