Bildkritiken - Was soll ich bloß schreiben?
Man muß kein kein erfahrener oder guter Fotograf sein, um eine nützliche Bildkritk schreiben zu können.
Mit am interessantesten dürfte die Vermittlung des erste Eindrucks sein. Welche Gedanken gingen einem bei der Betrachtung spontan durch den Kopf, welche Assoziationen ergaben sich, welche Erinnerungen und Gefühle löste das Foto aus.
Nützlich und wertvoll, werden Kritiken nicht durch die Gesamtbewertung, sondern durch die Begründungen. Nur die Aussage, dass, das Bild gefällt oder nicht gefällt, ist bloße seelenlose Statistik. Zu unterschiedlich sind die Ansprüche und Geschmäcker, als das man daraus lernen könnte. Denn um herauszufinden, was man richtig oder falsch gemacht hat, muß man im Detail wissen, warum es den Kritikern gefällt oder nicht gefällt. Jeder kann dafür von den anderen abweichende, höchst unterschiedliche Gründe haben.
Entscheidender als die Zeit in Minuten und Sekunden, die man sich für die Betrachtung insgesamt nimmt, ist es, aus wievielen sinnvollen Betrachtungswinkeln man das Foto wie tiefgehend analysiert.
Am einfachsten ist es wohl, erstmal die kurze Liste rein technischer Eigenschaften abzuarbeiten. Zwar sind die techn. Eigenschaften einer Fotografie eigentlich die Unwichtigsten, aber wenn ein Foto schon hier durchfällt, kann es ingesamt nur selten überzeugen. Denn was nützt die noch so tolle Abendsonne, wenn der Himmel großflächig ausgebrannt ist, was nützt es wenn zwei Eichhörnchen raufen, aber die Aufnahme erheblich verwackelt ist, was nützt die Nachtaufnahme, wenn aufgrund der hohen ISO-Einstellung alles verrauscht und weichgematscht wurde? Diese Dinge sind mit die ersten, die einem bei der Betrachtung eines Fotos auffallen und zumeist nur dann eine gesonderte Erwähnung wert, wenn sie besonders auffällig sind, denn dass eine Aufnahme techn. gelungen ist, sollte man i.d.R. voraussetzen können.
Diverse techn. Eigenschaften haben aber auch erheblichen bildgestalterischen Einfluß. So kann es große Unterschiede machen, ob eine kurze oder längere Brennweite genutzt wurde. Da kann man beispielsweise anmerken, daß man es besser gefunden hätte, wenn weniger Brennweite genutzt worden wäre, damit die Perspektive interessanter und das Hauptmotiv plastischer abgelichtet worden wäre und so auch ein störendes Element im Vordergrund nicht mit im Bild wäre.
Die Wahl der Blende ist öfters ein ausschließlich bildgestalterisches Mittel, obwohl auch eine techn. Eigenschaft. Denn es kann einigen bspw. gefallen, daß nur ein Auge in der Schärfeebene liegt aber anderen würde es besser gefallen, wenn auch das zweite Auge inkl. Augenbrauen scharf abgelichtet worden wäre oder statt dessen das andere Auge.
Und so betrachtet man das Foto nach und nach immer stärker auf seine Bildgestaltung hin. Paßt das Seitenverhältnis zum Motiv? Wie ist die Lichtstimmung (Wetter/Uhrzeit) und paßt die Perspektive? Wieviel Umgebung sowie Vorder- und Hintergrund wurden wie ins Bild integriert? Und wie sehr passen die kleinen Dinge im Foto zum Hauptmotiv und zur Bildaussage? Man muß hier nicht erklären wie das anders gemacht werden könnte, wenn man es selbst nicht weiß, aber wenn einem etwas auffällt, das einen stört oder besonders gefällt, kann man das zumindest erwähnen.
Letztlich landet man bei den Eigenschaften, die darüber entscheiden, ob das Foto nur so gut ist wie unzählige sehr ähnliche, oder ob es aus der Masse heraussticht. Verantwortlich kann dafür der optimal abgepaßte Moment sein, die Linienführung, die die Bildaussage unterstützt, eine besondere Lichtstimmung, die optimal zum Motiv paßt usw.
Einigen Bildeigenschaften gibt man mehr Gewicht und anderen weniger. Die Gewichtung wird sich mit der Zeit auch mal ändern und wird auch immer abhängig vom einzelnen Foto sein.
Beispielfragen die man sich stellen kann, um das Bild zu analysieren:
Welche Bild(bestand)teile empfinde ich als wichtig, unwichtig oder störend?
Was im Bild zieht die größte Aufmerksamkeit auf sich und was entdeckt man erst recht spät?
Was unterstützt oder stört die Harmonie im Bild?
Gibt es einen oder mehrere Haltepunkte im Bild oder wandert der Blick zielos umher?
Paßt das warme/kalte Licht, bzw. die Farbabstimmung?
War der Blitzeinsatz sinnvoll und gut dosiert?
Sind die Schattenverläufe günstig oder ungünstig?
Sind die Schatten zu intensiv ausgeprägt oder könnten sie sogar stärker sein?
Ist das Licht zu frontal, zu seitlich, zu stark, zu schwach, zu direkt, zu diffus, zu sehr von oben herab, zu farbig, zu unterschiedlich im Bild verteilt?
Stören oder unterstützen Reflexionen und Spiegelungen?
Sorgt die Linienführung dafür, daß der Blick aufs Hauptmotiv gelenkt wird?
Nimmt das Hauptmotiv genug Raum im Foto ein oder könnte man das Foto an den Rändern noch beschneiden?
Wurden wichtige Bildteile abgeschnitten und fehlen sie sehr?
Ist eine nachträgliche Bildbearbeitung deutlich erkennbar und wenn ja, ist das in diesem Fall gut so oder eher nicht? Was wurde dabei gut gemacht und was ist nicht so gut gelungen? Wo hätte man noch stärker nachregeln können und wo wurde zu viel gemacht?
Abschließend oder auch mittendrin, kann man zusätzlich auf die Kritiken anderer eingehen, wenn man sie vorab gelesen hat.
Hier ein paar mittlere und längere Kritiken als Beispiele, die ich in der Vergangenheit verfaßt hatte:
that feeling (Menschen, Architektur, Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7813889#post7813889
Ufosichtung auf dem Palfries (Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7472621#post7472621
Ms. Z (Menschen)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7453528#post7453528
angelegt (Technik, Archiktektur, Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7443795#post7443795
unterwegs (Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7418131#post7418131
Tamara (Menschen)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=6449977#post6449977
... 5 Fotos ... (Menschen)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=6103288#post6103288
Um so gefälliger ein Bild ist, um so eher wird man Spaß daran haben, es tiefgehend zu analysieren. Je länger man es betrachtet und das unter verschiedenen Gesichtspunkten, um so mehr Eindrücke und Erkenntnisse wird man gewinnen, und um so leichter wird es einem dadurch fallen, diese Beobachtungen aufzuschreiben weil man zunehmend begreift, was einen daran fasziniert und was störend ist oder anders besser gelöst werden könnte. Bei einem langweiligen Foto dagegen fehlt die Motivation, es näher zu betrachten. Man wird eher nicht dazu aufgelegt sein, in das Bild "einzutauchen" und die Gedanken treiben zu lassen.
Nicht immer wird man längere Texte schreiben können, weil viele Fotos für längere Kritiken nicht genug hergeben. Wenn man aber eines gefunden hat, sollte man sich die nötige Zeit nehmen, indem man nicht auf die Zeit achtet. Mal ist man nach 5 Minuten schon fertig und ein anderes mal kann es sein, daß man selbst nach einer halben Stunde noch nicht fertig ist, weil man einfach nicht die passenden Worte gefunden hat, die auszudrücken vermögen, was man fühlt oder weil man mit dem Tippen nicht hinterherkommt, weil einem immer neue Dinge auffallen, die man erwähnen möchte.
Ich empfehle, die Kritik in einem eigenen Fenster zu verfassen, so daß daneben weiterhin das Foto betrachtet werden kann um nicht nur aus der Erinnerung heraus die Bildkritik zu verfassen. So kann man ständig abgleichen, ob das was man im Detail schreibt, noch immer zutrifft, also überprüfen, ob der erste Eindruck noch immer Bestand hat oder ob man einzelne Dinge inzwischen anders bewertet, wenn man das Foto erneut betrachtet. Was anfangs unpassend erschien kann plötzlich einen tieferen Sinn haben und elementar wichtig geworden sein, weil man es inzwischen aus einer zusätzlichen Perspektive betrachtet.
Durch das Lesen und Schreiben von Bildkritiken (hier bieten sich vor allem die Galerien an) kann man teilweise mehr bzw. viel schneller lernen als durch die praktische Fotografie selbst. Einfach deshalb, weil man sich dabei regelmäßig mehr Zeit nimmt oder nehmen kann, als wenn man das Motiv vor der Kamera hat und das Motiv nur im kleinen Sucher der Kamera sieht, anstatt detailreich und bildschirmfüllend gemütlich im Sessel sitzend auf einem großen Monitor.
Man muß kein kein erfahrener oder guter Fotograf sein, um eine nützliche Bildkritk schreiben zu können.
Mit am interessantesten dürfte die Vermittlung des erste Eindrucks sein. Welche Gedanken gingen einem bei der Betrachtung spontan durch den Kopf, welche Assoziationen ergaben sich, welche Erinnerungen und Gefühle löste das Foto aus.
Nützlich und wertvoll, werden Kritiken nicht durch die Gesamtbewertung, sondern durch die Begründungen. Nur die Aussage, dass, das Bild gefällt oder nicht gefällt, ist bloße seelenlose Statistik. Zu unterschiedlich sind die Ansprüche und Geschmäcker, als das man daraus lernen könnte. Denn um herauszufinden, was man richtig oder falsch gemacht hat, muß man im Detail wissen, warum es den Kritikern gefällt oder nicht gefällt. Jeder kann dafür von den anderen abweichende, höchst unterschiedliche Gründe haben.
Entscheidender als die Zeit in Minuten und Sekunden, die man sich für die Betrachtung insgesamt nimmt, ist es, aus wievielen sinnvollen Betrachtungswinkeln man das Foto wie tiefgehend analysiert.
Am einfachsten ist es wohl, erstmal die kurze Liste rein technischer Eigenschaften abzuarbeiten. Zwar sind die techn. Eigenschaften einer Fotografie eigentlich die Unwichtigsten, aber wenn ein Foto schon hier durchfällt, kann es ingesamt nur selten überzeugen. Denn was nützt die noch so tolle Abendsonne, wenn der Himmel großflächig ausgebrannt ist, was nützt es wenn zwei Eichhörnchen raufen, aber die Aufnahme erheblich verwackelt ist, was nützt die Nachtaufnahme, wenn aufgrund der hohen ISO-Einstellung alles verrauscht und weichgematscht wurde? Diese Dinge sind mit die ersten, die einem bei der Betrachtung eines Fotos auffallen und zumeist nur dann eine gesonderte Erwähnung wert, wenn sie besonders auffällig sind, denn dass eine Aufnahme techn. gelungen ist, sollte man i.d.R. voraussetzen können.
Diverse techn. Eigenschaften haben aber auch erheblichen bildgestalterischen Einfluß. So kann es große Unterschiede machen, ob eine kurze oder längere Brennweite genutzt wurde. Da kann man beispielsweise anmerken, daß man es besser gefunden hätte, wenn weniger Brennweite genutzt worden wäre, damit die Perspektive interessanter und das Hauptmotiv plastischer abgelichtet worden wäre und so auch ein störendes Element im Vordergrund nicht mit im Bild wäre.
Die Wahl der Blende ist öfters ein ausschließlich bildgestalterisches Mittel, obwohl auch eine techn. Eigenschaft. Denn es kann einigen bspw. gefallen, daß nur ein Auge in der Schärfeebene liegt aber anderen würde es besser gefallen, wenn auch das zweite Auge inkl. Augenbrauen scharf abgelichtet worden wäre oder statt dessen das andere Auge.
Und so betrachtet man das Foto nach und nach immer stärker auf seine Bildgestaltung hin. Paßt das Seitenverhältnis zum Motiv? Wie ist die Lichtstimmung (Wetter/Uhrzeit) und paßt die Perspektive? Wieviel Umgebung sowie Vorder- und Hintergrund wurden wie ins Bild integriert? Und wie sehr passen die kleinen Dinge im Foto zum Hauptmotiv und zur Bildaussage? Man muß hier nicht erklären wie das anders gemacht werden könnte, wenn man es selbst nicht weiß, aber wenn einem etwas auffällt, das einen stört oder besonders gefällt, kann man das zumindest erwähnen.
Letztlich landet man bei den Eigenschaften, die darüber entscheiden, ob das Foto nur so gut ist wie unzählige sehr ähnliche, oder ob es aus der Masse heraussticht. Verantwortlich kann dafür der optimal abgepaßte Moment sein, die Linienführung, die die Bildaussage unterstützt, eine besondere Lichtstimmung, die optimal zum Motiv paßt usw.
Einigen Bildeigenschaften gibt man mehr Gewicht und anderen weniger. Die Gewichtung wird sich mit der Zeit auch mal ändern und wird auch immer abhängig vom einzelnen Foto sein.
Beispielfragen die man sich stellen kann, um das Bild zu analysieren:
Welche Bild(bestand)teile empfinde ich als wichtig, unwichtig oder störend?
Was im Bild zieht die größte Aufmerksamkeit auf sich und was entdeckt man erst recht spät?
Was unterstützt oder stört die Harmonie im Bild?
Gibt es einen oder mehrere Haltepunkte im Bild oder wandert der Blick zielos umher?
Paßt das warme/kalte Licht, bzw. die Farbabstimmung?
War der Blitzeinsatz sinnvoll und gut dosiert?
Sind die Schattenverläufe günstig oder ungünstig?
Sind die Schatten zu intensiv ausgeprägt oder könnten sie sogar stärker sein?
Ist das Licht zu frontal, zu seitlich, zu stark, zu schwach, zu direkt, zu diffus, zu sehr von oben herab, zu farbig, zu unterschiedlich im Bild verteilt?
Stören oder unterstützen Reflexionen und Spiegelungen?
Sorgt die Linienführung dafür, daß der Blick aufs Hauptmotiv gelenkt wird?
Nimmt das Hauptmotiv genug Raum im Foto ein oder könnte man das Foto an den Rändern noch beschneiden?
Wurden wichtige Bildteile abgeschnitten und fehlen sie sehr?
Ist eine nachträgliche Bildbearbeitung deutlich erkennbar und wenn ja, ist das in diesem Fall gut so oder eher nicht? Was wurde dabei gut gemacht und was ist nicht so gut gelungen? Wo hätte man noch stärker nachregeln können und wo wurde zu viel gemacht?
Abschließend oder auch mittendrin, kann man zusätzlich auf die Kritiken anderer eingehen, wenn man sie vorab gelesen hat.
Hier ein paar mittlere und längere Kritiken als Beispiele, die ich in der Vergangenheit verfaßt hatte:
that feeling (Menschen, Architektur, Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7813889#post7813889
Ufosichtung auf dem Palfries (Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7472621#post7472621
Ms. Z (Menschen)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7453528#post7453528
angelegt (Technik, Archiktektur, Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7443795#post7443795
unterwegs (Landschaft)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=7418131#post7418131
Tamara (Menschen)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=6449977#post6449977
... 5 Fotos ... (Menschen)
https://www.dslr-forum.de/showthread.php?p=6103288#post6103288
Um so gefälliger ein Bild ist, um so eher wird man Spaß daran haben, es tiefgehend zu analysieren. Je länger man es betrachtet und das unter verschiedenen Gesichtspunkten, um so mehr Eindrücke und Erkenntnisse wird man gewinnen, und um so leichter wird es einem dadurch fallen, diese Beobachtungen aufzuschreiben weil man zunehmend begreift, was einen daran fasziniert und was störend ist oder anders besser gelöst werden könnte. Bei einem langweiligen Foto dagegen fehlt die Motivation, es näher zu betrachten. Man wird eher nicht dazu aufgelegt sein, in das Bild "einzutauchen" und die Gedanken treiben zu lassen.
Nicht immer wird man längere Texte schreiben können, weil viele Fotos für längere Kritiken nicht genug hergeben. Wenn man aber eines gefunden hat, sollte man sich die nötige Zeit nehmen, indem man nicht auf die Zeit achtet. Mal ist man nach 5 Minuten schon fertig und ein anderes mal kann es sein, daß man selbst nach einer halben Stunde noch nicht fertig ist, weil man einfach nicht die passenden Worte gefunden hat, die auszudrücken vermögen, was man fühlt oder weil man mit dem Tippen nicht hinterherkommt, weil einem immer neue Dinge auffallen, die man erwähnen möchte.
Ich empfehle, die Kritik in einem eigenen Fenster zu verfassen, so daß daneben weiterhin das Foto betrachtet werden kann um nicht nur aus der Erinnerung heraus die Bildkritik zu verfassen. So kann man ständig abgleichen, ob das was man im Detail schreibt, noch immer zutrifft, also überprüfen, ob der erste Eindruck noch immer Bestand hat oder ob man einzelne Dinge inzwischen anders bewertet, wenn man das Foto erneut betrachtet. Was anfangs unpassend erschien kann plötzlich einen tieferen Sinn haben und elementar wichtig geworden sein, weil man es inzwischen aus einer zusätzlichen Perspektive betrachtet.
Durch das Lesen und Schreiben von Bildkritiken (hier bieten sich vor allem die Galerien an) kann man teilweise mehr bzw. viel schneller lernen als durch die praktische Fotografie selbst. Einfach deshalb, weil man sich dabei regelmäßig mehr Zeit nimmt oder nehmen kann, als wenn man das Motiv vor der Kamera hat und das Motiv nur im kleinen Sucher der Kamera sieht, anstatt detailreich und bildschirmfüllend gemütlich im Sessel sitzend auf einem großen Monitor.