Dr Urlaub ist nun (leider) zu Ende und ich kann euch nun einen kleine Erfahrungsbericht zu meinem Aufbau geben.
Vorneweg
Im Großen und Ganzen ging es besser als gedacht. Aber die Tücken liegen dann doch im Detail. Man muss halt Erfahrungen sammeln. Und die hatte ich bislang nicht oder nur unzureichend.
Polsucherkalibrierung
Vor dem Urlaub musste ja alles ganz schnell fertig gestellt werden. Ein Test war zu Hause nicht mehr möglich. Und so musste ich feststellen, dass meine Polkalibrierung doch nur leidlich genau oder besser ungenau war. Leider hatte ich den Torx-Schraubendreher TX10 nicht mit eingepackt und musste so auf den Hausmeister des Ferienhotels zurückgreifen. Dieser hatte aber nur ein Bit mit Ackuschrauber, so dass ich mir den nicht ausleihen konnte. Auf Verdacht habe ich dann 2 Lagen Hotelvisitenkarten unter gelegt und gehofft dass das passt. Aber nix wars. In die falsche Richtung korrigiert und alles wurde noch schlimmer. Die ganze Aktion hatte dann eine gewisse Aufmerksamkeit erregt und so bin ich an ein Hotelgast mit einem Multi-Tool Werkzeug geraten. Eine Lage Visitenkarten in die andere Richtung zur Korrektur unter gelegt und es stimmte dann recht gut. Kalibrierung erfolgte am Tavernentisch über den Swimmingpool der Anlage hinweg.
Übung macht den Meister
Die eigentlichen Astroaufnahmen habe ich wegen der Mondphasen in die 2. Urlaubshälfte gelegt. Da hatten wir dann auch einen Mietwagen der es mir ermöglichte ins Hinterland zu fahren um der Lichtverschmutzung weitgehend zu entgehen (leider nicht ganz). Dies gab mir die Möglichkeit abends mal ein wenig zu üben und zu probieren. Und das war auch gut so. Denn am Anfang tut man sich doch recht schwer mit der Ausrichtung, dem Polsuchen und dem Auffinden der ersten Deep Sky Objekte.
Polsuchermaske im Praxiseinsatz
Mit etwas Übung ging es zuletzt recht schnell den Himmelpol zu finden. Meine gedruckte Displaymaske für die Sterne hat sich dabei sehr bewährt und als überaus brauchbar und nützlich erwiesen. Dieses Prinzip kann ich nur so weiter empfehlen. Es ging hervorragend!
Stabilität des Aufbaus
Bei der mechanischen Stabilität meines Stativgestänges hatte ich so meine Bedenken. Zu hause hatte ich mal zur Probe die drei Teile der Stativfüße voll ausgezogen und dies dann als sehr wacklig empfunden. In Praxiseinsatz Vorort musste ich die hinteren beiden Füße recht weit ausziehen um auf die rund 36° Neigungswinkel für Rhodos zu kommen. Dabei habe ich festgestellt, wenn ich die Segmente nur etwa zu max. 2/3 ausziehe, dann ist die Stabilität sehr groß. Die Praxis zeigte, dass der Stand sehr stabil ist und auch beim vorsichtigen hantieren nichts verrutscht. Zur weiteren Stabilisierung hatte ich auf der Unterseite an einem Haken eine Beutel mit Steinen angehängt. Da der Abstand zwischen Haken und Boden nur sehr gering ist, konnte ich leider nur einen sehr kleinen Beutel anhänge. Da hätte ich gerne noch etwas mehr Gewicht dran gehangen.
Zu viele Sterne / Objektsuche am Himmel
Nun fingen meine Probleme an. Wie finde ich die zu fotografierenden Objekte am Himmel? Mit den 135mm an APSC (200mm an KB) ist auf dem Display nur ein sehr kleiner Ausschnitt des Himmels zu sehen. Durch die Bodennähe meines Aufbaus konnte man zudem sehr schwer einschätzen in Welche Richtung das Objektiv genau zeigt. Bin ich noch zu flach, zu weit oben, rechts oder links? Es dauerte daher oft recht lange sich zu orientieren. Erschwerend kommt noch hinzu, dass man die Helligkeitsunterschiede der Sterne auf dem Display nicht so gut erkennen kann. Man sieht plötzlich viel mehr Sterne als mit bloßem Auge. Welcher der vielen Sterne ist markant? Welcher nicht?
Einstellungen zur besseren Suche
Dann habe ich eher aus Zufall festgestellt, wenn ich den Fokus etwas in unscharfe Stelle, dann verschwinden die ganzen lichtschwächeren Sterne und man kann sich besser Orientieren. Ebenso war es hilfreich diverse Einstellungen hinsichtlich der Gradationskennlinie (Höhen und Tiefen) im Live-View vorzunehmen. Darauf möchte ich hier nicht näher eingehen, da das bei jedem Kameramodell doch etwas anders sein wird. Jedenfalls lohnt es sich da etwas rum zu probieren. Am Schluss muss man nur aufpassen, dass man den Fokus wieder scharf stellt.
Handy-App und Star-Hopping
Oft habe ich dann Minuten lang auf der Handy-App (Stellarium) versucht die Sternkonstellation zu finden die auf dem Display zu sehen waren. Hinzu kam, dass das Klappdisplay nicht immer voll ausgeklappt werden konnte. Dadurch sah man das Bild auch noch gedreht. Mit Star-Hopping habe ich dann versucht mich zu meinen Deep Sky Objekten durchzuhangel. Das war allerdings nicht sehr leicht mit dem Kugelkopf. Teilweise wollte ich die Bilder gedreht haben. spätestens da wurde es schwierig die aktuelle Postion am Himmel beizubehalten. Aber auch das wurde mit der Zeit besser.
Objekte im Nirgendwo
Einige Objekte am Himmel konnte ich recht gut finden. Als Tipp für alle Neueinsteiger: Sucht Euch Objekte heraus die in unmittelbarer Nähe zu markanten Sternen liegen. Jetzt im Herbst waren das die Andromeda Galaxie und der Nordamerikanebel. Ich hatte dann versucht den Herznebel und Seelennebel zu finden. Die liegen ja mitten im Nirgendwo zwischen den Sternbildern. Dazu habe ich fast eine dreiviertel Stunde lang gebraucht. Zwar hatte ich die beiden Nebel nach einer viertel Stunde schon im Visier, aber ich wollte das Bild 90° gedreht. Nach der weiteren halben Stunde war mir dann die perfekte Ausrichtung (Drehung) im Bild egal.
Sucherteleskopnachahmung
Bei meiner weiteren Nutzung bin ich dann dahinter gekommen mit einem etwas weitwinkligeren Objektiv erst einmal die Region am Himmel zu suchen und das vermeintliche Objekt in die Bildmitte zu positionieren. Dazu habe ich dann mein 50mm Objektiv (KB 75mm) auf die Kamera geschnallt. Damit kann man schon kleinere Sternbilder ganz oder größere teilweise sehen. Nach dem dann das Objekt der Begierde im Zentrum lag, musste ich nur noch das Tele draufschnallen. Leider habe ich diesen Kniff erst vor meiner letzten Belichtungsreiche entdeckt.
Checkliste
Bei aller Routine die man so bekommt gibt es doch recht viel was man alles beachten muss und was man alles an Kleinkram unterwegs benötigt. Bei meinen ersten Übungen im Hotelgelände habe ich dann schnell festgestellt, dass ich immer mal wieder einiges vergessen habe. Ok die Unterkunft war nicht weit. Und so habe ich mir am nächsten Tag eine Checkliste angefertigt die ich mit zunehmender Erfahrung ergänzt habe. Die Checkliste hat sich sehr bewährt! Sie enthielt drei Rubriken: Packliste für die Nachführung und Fotografie (alle Kleinigkeiten!), Kameraeinstellungen die anzupassen und zu überprüfen sind (IBIS aus
, Fokus in der Mitte, ISO ...) und sonstiges (Warme Kleidung, trinken ...).
Astrotauglichkeit der Objektive vorab testen
Noch kurz bevor wir abgereist sind, stellte sich die Frage welche Objektive denn ab welcher Blende für Astro taugen. Insbesondere hinsichtlich Coma habe ich dann einige Objektive untersucht. Dazu habe ich mir einen künstlichen Stern gebastelt und im dunklen Keller am Bildrand platziert und fotografiert. Der Stern bestand aus einer kleinen Pappschachtel durch die ich mit einer Nadel ein kleines Loch gestochen habe. Drinnen habe ich dann eine helle LED-Taschenlampe rein gelegt. Für jedes Objektiv habe ich dann mit einer relativ langen Belichtungszeit und konstanter Lichtmenge über die verschiedenen Blendenstufen eine Belichtungsreihe aufgenommen. Bei mir war die Belichtung 1s bei f2. Bei f2.2 dann 1.3s, bei f2.4 1.7s bei f2.8 2.0s usw. So konnte man die Bilder gut auf ihre Comaanfälligkeit vergleichen. In einer Liste habe ich dann notiert ab welcher Blende man die Linse nutzen kann. Interessant war auch, dass bei den Zoom-Objektiven die Comaanfälligkeit mit der Brennweite stark ändern kann. Mein 10-24mm ist bei allen Brennweiten außer bei 18mm offenblendig (f4) zu gebrauchen. Bei 18mm erst ab f8.
Kugelkopf und Platz für Kamera unzureichend
Ein Punkt mit dem ich so rein gar nicht gerechnet habe, ist dass die Kamera mit dem ausgeklappten Display überall aneckt. Mal ist ist es die Führungsschiene zur Polsucheraufnahme. Dann ist der Abstand vom aufgeschraubten Kugelkopf zum Holz zu gering. Hinzu kam dass das Klinkenkabel, bzw. der Stecker, zur Steuerung auch noch mit dem Display in Konflikt kam. Oft musste ich das Display um 90° kippen. Dann bekommt man einen knoten im Kopf Alles sieht man verdreht und man bewegt die Kamera grundsätzlich in die falsche Richtung.
Da muss ich mir noch was einfallen lassen wie ich das ganze noch etwas absetzen kann und mehr Bewegungsfreiheit bekomme. Ev. auch so dass der Kugelkopf für unsere Breite dann etwa senkrecht steht. Bei einem normalen Tripot-Stativ hat man diese Probleme ja nicht.
Stabilität der Gesamtsystems nicht berücksichtigt
So stabil auch die Nachführung selbst stand, so habe ich nicht bedacht, dass die Einheit vom Kugelkopf über die Swiss-Acra-Aufnahme der Kamera bis hin zum Stativ ebenfalls steif sein sein sollte. Bei meiner Kamera habe ich eine Hangrifferweiterung mit der Swiss-Acra-Aufnahme. Diese ist an die Kamera geschraubt und an dieser nun das schwere 135er Samyang Tele. Irgendwann habe ich dann festgestellt dass immer wenn ich beim verstellen der Position das Objektiv loslasse dann sich das Bild noch etwas bewegt. Also sich die Ausrichtung ändert. Die Hauptursache war, dass der Handgriff nicht ganz fest war. Aber auch dann lies sich mit etwas seitlichem druck mit dem Finger an dem Objektiv sich die Position verändern. Bei einem sehr leichten Objektiv an meiner Kamera mag das noch sehr gering sein, beim 135er allerdings schon signifikant. Da sich ja während der Belichtung auch die Neigung der Kamera ändert, bekommt man damit auch eine ungewollte Positionsverschiebung. In einer Einzeltestaufnahme von 15 min. waren die Sternspuren schon sehr ausgeprägt und das Bild unbrauchbar. Wie viel der Spuren nun an dieser Instabilität lagen oder viel alle anderen Fehler ausmachen vermag ich allerdings nicht einzuschätzen. Jedenfalls schlussfolgere ich daraus, dass man zumindest bei schweren und langen Objektiven das Objektiv haltern sollte und nicht die Kamera.
Das wichtigste: Die Aufnahmen
Jetzt wird es richtig interessant. Damit ich Vorort mal was zeigen konnte habe ich Aufnahmen mit 2 und 4 Minuten gemacht. Von Diesen war ich selbst schon sehr beeindruckt. Allerdings konnte man speziell schon bei den 4 Minuten leichte Strichbildung in der Vergrößerung erkennen. Bei 2 Minuten vielleicht erahnen. Also habe dann meine Belichtungsreichen so gewählt dass ich mit max. 75 Sekunden pro Bild gearbeitet habe. Da meine Kamera eine sogenannte ISO-lose ist und man beim Ausleserauschen bei einem bestimmten ISO-Wert einen Sprung nach unten hat, habe ich alle Aufnahmen mit ISO 640 gemacht.
Und wie komme ich nun zum Bild?
Tja. Das wird meine nächste Herausforderung. Ich habe noch keine wirkliche Ahnung vom Stacken. Das muss ich dann mal in den nächsten Tagen angehen.
Für Tipps wäre ich dankbar. Vor ein paar Jahren hatte ich mich mal am DeepSkyStacker versucht. Das war aber mehr ein rumgestochere als systematisches arbeiten. Die Bilder hatte ich damals aus Lightroom als TIFF exportiert. Vielleicht hat ja jemand ein paar Tipps zu geeigneter Software. Am besten Freeware.
Das wichtigste zum Schluss
Egal was wie gut es geklappt hat und was noch entsteht:
Es hat super viel Spaß gemacht!
Nun noch zwei Einzelaufnahmen die entstanden sind
Andromeda Galaxie: Samyang 135mm f2.0 / 120s gecropt
Nordamerika Nebel: Samyang 135mm f2.0 / 240s leicht gecropt