Der große Tag - nicht nur für's Brautpaar
Es ist halb sieben, und ich wache vor meinem Wecker auf. Spätestens jetzt wird wohl klar sein, dass ich mich, ohne rot zu werden, als nervliches Wrack bezeichnen darf. Ein Blick aus dem Fenster bringt zumindest Erleichterung, was das Wetter betrifft. Es scheint ein angenehmer und trockener Tag zu werden. Die Regenwolken sind einer dünnen weißen Wolkendecke gewichen, und es hat angenehme Temperaturen.
Ich frühstücke in aller Ruhe, und trinke meinen obligatorischen Kaffee, damit mein Kreislauf in Schwung kommt. Ach... zu spät dran gedacht, ich bin ja schon aufgeputscht genug. Jetzt in das Bad und rasieren, duschen und natürlich stylen. Man möchte ja auf der Hochzeit nicht groß auffallen, erst Recht nicht negativ. Deshalb ist auch ein schlichter schwarzer Anzug, schwarzes Hemd und eine, nicht zu auffällig gemusterte, Krawatte meine erste Wahl.
Ich schleppe meine Fotoausrüstung nach unten und verstaue sie im Auto. Da ja dieses Forum sehr Technik begeistert und lastig ist, hier mal eine Aufstellung, was in meiner großen Tasche alles Platz gefunden hat.
Nikon D80 mit Batteriegriff
Nikon D50
Nikkor AF 50mm 1.8
Nikkor AF-S DX 18-135mm
Sigma EX DG 28-70mm 2.8
Sigma DC 18-200mm 3,5-6,3 OS
Sigma DG 70-300mm 4-5,6
Sigma EF-DG 500 Super
Dazu kommt natürlich der ganze übliche Kleinkram, wie Speicherkarten, Akkus, Blasebalg, Microfasertuch und so weiter. In einer Sporttasche transportiere ich dann noch Stative, Reflektoren und die Notfallbox.
Es ist inzwischen halb zehn, und ich warte ganz alleine vor der Kirche. Ich bin damit früher da als alle anderen, mit Ausnahme des Kirchenpersonals. Kein Wunder, wenn die Trauung erst um halb elf stattfinden soll, und selbst der Bräutigam sich erst für zehn Uhr angemeldet hat. Nun gut, so bleibt noch Zeit für einen letzten Check der Kameras und zwei, drei Probefotos von und in der Kirche.
Jetzt rennt die Uhr plötzlich. Denn bevor ich mich versehe ist es bereits zehn Uhr, und Bräutigam und Trauzeugin erscheinen auf der Bildfläche. Er ist hoch erfreut, dass ich schon da bin und warte. Händeschütteln und jetzt ist es vorbei mit der Ruhe, die mich gerade erfasst hat. Ab sofort gehört meine Aufmerksamkeit dem Bräutigam und den Gästen. Ich fotografiere Begrüssungen, Umarmungen und wartende Menschen.
Plötzlich fährt, viel zu früh und unerwartet, die große weiße Stretch-Limousine vor, und Hektik bricht aus. Der Bräutigam verschwindet in die Kirche, und die ersten Gäste versuchen Blicke durch die abgedunkelten Scheiben zu werfen. Ich fotografiere noch schnell den vereinsamten und wartenden Bräutigam, bevor er mich bittet die Gäste reinzujagen. Nun gut, eigentlich Aufgabe der Trauzeugen setze ich mich doch tatsächlich bei der dutschen und spanischen Gästeriege durch, und scheuche sie in die Kirche. Schnell noch drei Fotos, und zack wieder raus aus der Kirche, um die Braut beim Aussteigen zu erwischen. Mist, verdammter! Zu spät! Die Braut ist freudig nervös, und steht inzwischen schon draußen. Okay, kann man nicht ändern.
Braut und Vater, angeführt von zwei süßen Blumenmädchen und gefolgt von einer genervt skeptisch schauenden Brautjungfer, beginnen mit dem Einzug. Zeremonie und Auszug sind schneller vorbei, als ich dachte. Irgendwie war unsere (evangelische) Hochzeitszeremonie fast doppelt so lang, wie diese katholische. Gerade mal 25 Minuten später stehen wir nämlich schon wieder draußen, und ich fotografiere Gratulanten, wartende Gäste, das Brautpaar, fliegende Bonbons und gespanntes Seil. Plötzlich ist wieder alles vorbei, und das Brautpaar marschiert auf die wartende Limo zu. Ich schnell vorne rein, um in der Limousine auch Fotos zu haben. Uh... schwarz wie die Nacht. Sowohl Innenausstattung, als auch Dachhimmel sind schwarz. Hoffentlich bekomme ich das hin. Blitz rauf, und los gehts. Jetzt wünsche ich mir für ein paar besondere Fotos noch mehr Weitwinkel. Das Sigma 10-20mm wäre jetzt bestimmt toll.
Ich eile jetzt zum Auto, und düse an den wartenden Autos der Gäste vorbei, um die Brautleute bereits am Gasthof zu erwarten. Zum Glück wusste ich von der Sperrung der Hauptzufahrtsstraße, und habe bereits im Vorfeld die optimale Strecke abgefahren. So bin ich als erster am Hotel/Restaurant und mache mir ein Bild von der Dekoration. Oder auch zwei, oder drei. Nicht lange danach kommt die Limousine mit dem Brautpaar an, und ich bekomme ein paar Fotos, wie der Bräutigam seiner frisch angetrauten Braut aus dem Auto hilft. Hier kommt meine Sicherheitsnadel zum Einsatz, da sich die Blume vom Anzug verselbständigt hat. Kurz fixiert, und gut ist.
Holz sägen, Salz und Brot essen, Gläser schmeißen und Willkommensrede werden von mir auf Chip gebannt. Jetzt kommt das Essen, und wie mit den Brautleuten vereinbart sollen von essenden Menschen sowieso keine Fotos gemacht werden. Somit nutze ich die Gelegenheit kurz nach Hause zu düsen, um meine vergessenen Sachen zu holen. Denn wie das nunmal ist, vergisst man manchmal trotz Vorbereitung irgendwas. In diesem Fall meinen Tritt, und den großen Reflektor, den ich auch gerne zum Abschatten nehmen wollte. Inzwischen ist es halb eins, und der ursprüngliche Zeitplan um 45 Minuten im Hintertreffen.
Wie vereinbart meldet sich der Bräutigam, als wir uns an der Location treffen können, wo die Brautpaarbilder entstehen sollen. Inzwischen ist es kurz nach zwei, und bevor das Brautpaar mit Trauzeugin eintrifft, ist es sogar halb drei. Jetzt die Hiobsbotschaft. Wir haben nur maximal eine Stunde, denn um 16 Uhr soll die Torte angeschnitten werden.
Die Sonne knallt inzwischen, und entweder das Kleid ist überbelichtet, oder der Anzug säuft ab. Dazu hat der Bräutigam eine Tränendrüsenüberfunktion, die bei dem vielen Licht Probleme macht. Ganz ehrlich? Ich fühle mich total überfordert, und völlig überrollt. Nach einer Stunde geht es dann also wieder zurück zum Ort der Feierlichkeiten.
An dieser Stelle endet der Bericht für heute. Morgen dann hoffentlich mehr vom Rest des Tages.
Gruß Markus