An die netten Herren /pb/ und Lichtenhauer,
Vielleicht darf ich da auch noch einmal mitmischen. Ich denke im Wesentlichen geht es hier um eigene Begehrlichkeiten, Abgrenzung und Selbstentwürfe. Die ganze Definitionskiste scheint mir im Kontext diesen Forums oft eher instrumentalisiert und wenig um sachliche Annäherung bemüht.
Mein Erststudium war zufällig Psychologie und Familienpädagogik und auch wenn ich nach all den Jahren viel Abstand zu Praxis und Forschung habe, halte ich deine Aussage über das was Psychologen wie tun schlicht für falsch. Was sie versuchen zu ermitteln und in Relationen zu bringen messen sie mittels empirischen Forschungsmethoden und Statistiken. Dabei sind sie sich selbst des Modellcharakters ihrer Ideen im günstigsten Falle sehr bewusst und die Vergleichsebene wird bei den - für uns spannenden - Fragen tatsächlich über Leistungen abgebildet oder ermittelt.
Der Knackpunkt ist aber immer „die Vergleichbarkeit“ und die jeweiligen Werkzeuge die jemand erwartbar haben kann um überhaupt etwas zu tun. Ein kurzes, zugespitztes Beispiel und etwas außer der Reihe, um dieses einmal zu verdeutlichen, bzw die daraus resultierenden Missverständnisse:
Angenommen Kinder von Akademikereltern kommen mit einem doppelt so großen Wortschatz in die Schule. Sie bringen also (völlig unabhängig ihrer inneren Voraussetzungen und Kompetenzen) eine anderes Fundament mit. Daraus entsteht in der Praxis der Eindruck sie seinen schneller, intelligenter und leistungsfähiger, als die einer Vergleichsgruppe von Kindern nichtakademischer Eltern. Irgendwelche Politiker beflügelt solches sogar zu Fantasien über "bessere Gene", wobei sie eher etwas über die eigene Dummheit damit plakatieren. Tatsächlich wäre dies so aber eben falsch. Da wo etwas auf Selektion, Konkurrenz und Abgrenzung ankommt, wie beispielsweise im System Schule, wird also aus einer scheinbar objektivierbaren Beobachtung schnell ein Vorurteil.
Hier im Forum scheint dies zB im Umgang mit der „Talentfrage“ sehr ähnlich. Die Begehrlichkeiten dies auf die eine oder andere Weise möglichst konkret beantworten zu können sind enorm, die Möglichkeiten es fundiert zu tun aber sehr beschränkt. Hier ist das eine Abgrenzungsfrage -> viel mehr Beziehungsebene als Sachebene, wenn man so will.
Meine konkrete Erfahrung mit Talent und Begabung beim Ermitteln von Kompetenzen ist eine ganz klare. Häufig liegt bei bewertenden Aussagen darüber wie es sich verhält eine Fehleinschätzung vor, weil eine bestimmte Motivation an diese Bewertung gekoppelt ist. Wenn bei drei Schülern einer unglaubliche Fortschritte macht und zwei deutlich hinterher sind, sagt dies möglicherweise mehr über die Qualität des Angebotes aus, denn über Talent und das müsste erst einmal ermittelt werden. Der Lehrer wird aber erwartbar dazu neigen eben sein Angebot nicht in die Wagschale zu werfen, sondern die besondere Leistung des Einen zu loben. Gestattet mir ein wenig Ironie bitte. ;-)
Mein ganzeer Sermon hier nur um mal fest zu stellen, dass das was wir als Indikatoren nehmen können in der Betrachtung, solche die hier auch immer als Kriterien aufscheinen in der Diskussion, immer im Sinne unsere Ausgangsthesen als Beleg gedeutet werden. Im Grunde ist das aber nicht stichhaltig und ähnlich hilfreich wie der Blick in die Wahrsagerkugel.
Auch eine psychologische Annäherung an das Thema und die Fragen um Begabung, Leistungsfähigkeit oder Talent gehorcht – wenn sie nicht alltagspsychologische Umdeutung von Laien ist – eher einer Systematik wie sie hier /pb/ versucht auf zu zeigen. Daher halte ich seine Einlassungen hier auch für hilfreicher.
Talent ist etwas dem man sich begrifflich sehr verschieden annähern kann und worüber sich trefflich streiten lässt. Ich würde aber behaupten - dieses mystifizierte Moment soll hier gar nichts klären. Wir bräuchten es auch gar nicht ... Wenn es eine wirklich entscheidende Rolle spielen würde - für außergewöhnliche Leistungen, oder für "schnellere Wege", dann dürfte dies trotzdem ausnehmend selten wirklich abgrenzungsrelevant sein. Die weitaus meisten Leute werden etwas lernbares - bei eintsprechend vernünftigen Hilfestellungen und eigenem Einsatz - auch lernen können und sogar professionalisieren. Hier im Forum dienen solche Schlagworte wohl eher dem indirekten Selbstentwurf.
Lieben Gruß,
Boris
.../...
Ich habe Dir darauf geantwortet, dass Psychologen heute genau das tun oder versuchen: Sie wollen Begabung messen und belegen und tun dies erklärtermaßen unabhängig von den Leistungen, die Menschen zum Beispiel in der Schule zeigen oder gezeigt haben. Anders als Du sind sie zudem der Meinung, dass ihnen das ganz gut gelingt.
Aber Du hast ja Recht. Wir sind offtopic und langweilen vermutlich auch den Rest des Forums.
Also nochmal kurz zum Thema Fotografie: Ich behaupte weiterhin, dass es Leute gibt, die das leicht erlernen und dann gut können. Und dass es andere Leute gibt, bei denen das nicht so ist. Ich nenne das - ganz primitiv und unwissenschaftlich - Talent. Nun mag man sich streiten, ob dieses Talent durch genetische Anlagen, durch biografische Umstände oder durch die Sterne, das Schicksal oder den Willen der Götter "erzeugt" wird.
Die aus dem "Paradigma" des "kritischen Rationalismus" abgeleitete Behauptung, dass es Talent eigentlich gar nicht gibt, halte ich für hohl. Erinnert irgendwie an die Shit-Sprüche in den verschiedenen Religionen: "Buddhism: If shit happens, ist isnt really shit".
MfG
Vielleicht darf ich da auch noch einmal mitmischen. Ich denke im Wesentlichen geht es hier um eigene Begehrlichkeiten, Abgrenzung und Selbstentwürfe. Die ganze Definitionskiste scheint mir im Kontext diesen Forums oft eher instrumentalisiert und wenig um sachliche Annäherung bemüht.
Mein Erststudium war zufällig Psychologie und Familienpädagogik und auch wenn ich nach all den Jahren viel Abstand zu Praxis und Forschung habe, halte ich deine Aussage über das was Psychologen wie tun schlicht für falsch. Was sie versuchen zu ermitteln und in Relationen zu bringen messen sie mittels empirischen Forschungsmethoden und Statistiken. Dabei sind sie sich selbst des Modellcharakters ihrer Ideen im günstigsten Falle sehr bewusst und die Vergleichsebene wird bei den - für uns spannenden - Fragen tatsächlich über Leistungen abgebildet oder ermittelt.
Der Knackpunkt ist aber immer „die Vergleichbarkeit“ und die jeweiligen Werkzeuge die jemand erwartbar haben kann um überhaupt etwas zu tun. Ein kurzes, zugespitztes Beispiel und etwas außer der Reihe, um dieses einmal zu verdeutlichen, bzw die daraus resultierenden Missverständnisse:
Angenommen Kinder von Akademikereltern kommen mit einem doppelt so großen Wortschatz in die Schule. Sie bringen also (völlig unabhängig ihrer inneren Voraussetzungen und Kompetenzen) eine anderes Fundament mit. Daraus entsteht in der Praxis der Eindruck sie seinen schneller, intelligenter und leistungsfähiger, als die einer Vergleichsgruppe von Kindern nichtakademischer Eltern. Irgendwelche Politiker beflügelt solches sogar zu Fantasien über "bessere Gene", wobei sie eher etwas über die eigene Dummheit damit plakatieren. Tatsächlich wäre dies so aber eben falsch. Da wo etwas auf Selektion, Konkurrenz und Abgrenzung ankommt, wie beispielsweise im System Schule, wird also aus einer scheinbar objektivierbaren Beobachtung schnell ein Vorurteil.
Hier im Forum scheint dies zB im Umgang mit der „Talentfrage“ sehr ähnlich. Die Begehrlichkeiten dies auf die eine oder andere Weise möglichst konkret beantworten zu können sind enorm, die Möglichkeiten es fundiert zu tun aber sehr beschränkt. Hier ist das eine Abgrenzungsfrage -> viel mehr Beziehungsebene als Sachebene, wenn man so will.
Meine konkrete Erfahrung mit Talent und Begabung beim Ermitteln von Kompetenzen ist eine ganz klare. Häufig liegt bei bewertenden Aussagen darüber wie es sich verhält eine Fehleinschätzung vor, weil eine bestimmte Motivation an diese Bewertung gekoppelt ist. Wenn bei drei Schülern einer unglaubliche Fortschritte macht und zwei deutlich hinterher sind, sagt dies möglicherweise mehr über die Qualität des Angebotes aus, denn über Talent und das müsste erst einmal ermittelt werden. Der Lehrer wird aber erwartbar dazu neigen eben sein Angebot nicht in die Wagschale zu werfen, sondern die besondere Leistung des Einen zu loben. Gestattet mir ein wenig Ironie bitte. ;-)
Mein ganzeer Sermon hier nur um mal fest zu stellen, dass das was wir als Indikatoren nehmen können in der Betrachtung, solche die hier auch immer als Kriterien aufscheinen in der Diskussion, immer im Sinne unsere Ausgangsthesen als Beleg gedeutet werden. Im Grunde ist das aber nicht stichhaltig und ähnlich hilfreich wie der Blick in die Wahrsagerkugel.
Auch eine psychologische Annäherung an das Thema und die Fragen um Begabung, Leistungsfähigkeit oder Talent gehorcht – wenn sie nicht alltagspsychologische Umdeutung von Laien ist – eher einer Systematik wie sie hier /pb/ versucht auf zu zeigen. Daher halte ich seine Einlassungen hier auch für hilfreicher.
Talent ist etwas dem man sich begrifflich sehr verschieden annähern kann und worüber sich trefflich streiten lässt. Ich würde aber behaupten - dieses mystifizierte Moment soll hier gar nichts klären. Wir bräuchten es auch gar nicht ... Wenn es eine wirklich entscheidende Rolle spielen würde - für außergewöhnliche Leistungen, oder für "schnellere Wege", dann dürfte dies trotzdem ausnehmend selten wirklich abgrenzungsrelevant sein. Die weitaus meisten Leute werden etwas lernbares - bei eintsprechend vernünftigen Hilfestellungen und eigenem Einsatz - auch lernen können und sogar professionalisieren. Hier im Forum dienen solche Schlagworte wohl eher dem indirekten Selbstentwurf.
Lieben Gruß,
Boris
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