Moin,
ich bin ja durchaus zurückhaltend, was elektronische Sucher angeht. Wenn man viel im Dunkeln fotografiert (was ich selten tue), ist der elektronische Sucher m. E. gut und schlecht zur gleichen Zeit: Da er die Helligkeit anpasst (wenn man das möchte), sind Dinge erkennbar, die man sonst im Dunkel nicht mehr vernünftig erkennen könnte – was natürlich bei der Bildkomposition, beim Scharfstellen etc. hilfreich ist. Allerdings werden dazu natürlich der ISO-Wert sowie ggf. eine längere "Belichtungszeit" und damit eine geringere Bildwiederholrate im Sucher erforderlich, was jeweils gewisse Nachteile mit sich bringt. Man kann aber wohl auch auf die Anpassung der Helligkeit verzichten, erkennt dann ggf. weniger, hat dafür auch die genannten Nachteile nicht mehr. Es mag sein, dass das Bild dann immer noch heller ist als das Bild eines optischen Suchers, so dass das immer noch störend sein kann.
Unter halbwegs normalen Lichtbedingungen sehe ich bei meiner Kamera schon mit der "langsamen" Bildfrequenz von 60 Hz kein Flimmern, bei 120 Hz jedenfalls sehe ich davon gar nichts. Aber ich gucke möglicherweise langsam; ich kenne da jemanden, der auch das Flackern von Lampen schon wahrnimmt, bevor das irgendwer sonst bemerkt.
Der Monitor ist natürlich ein gutes Hilfsmittel. Dennoch hat der elektronische Sucher gewisse Vorteile – beginnend damit, dass man ihn eben nicht nur vom Stativ vernünftig nutzen kann, sondern nun, quasi "wie früher" auch aus der Hand sehr gut manuell fokussieren kann. Die aktuellen Scharfstellhilfen (die auch auf dem Monitor zur Verfügung stehen können) gehen dabei über Sucherlupe und Focus Peaking hinaus – die ich beide nicht wirklich mag. Für erstere muss ich eine Taste drücken und habe dann das Motiv nicht mehr im Überblick, bis ich die Taste wieder loslasse. In vielen Situationen geht das problemlos, manchmal aber empfinde ich das als störend. Wenn ich keine anderen Hilfsmittel habe, kann ich damit durchaus leben. Focus Peaking hingegen empfinde ich als sehr störend und irritierend – aber das ist meine Wahrnehmung, die man nicht teilen muss.
Ein wesentlicher Aspekt gegenüber dem Monitor ist aus meiner Sicht aber, dass der Sucher abgeschirmt ist und das Bild in ihm auch in hellen Situationen oder, wenn Streulicht von hinten kommt, weiter gut erkennbar bleibt – für Leute, die viel im Dunkeln fotografieren, ist das kein Problem. Ich bin aber im Gegenteil häufig im Hellen oder sehr Hellen unterwegs – und da ist das Bild auf dem Monitor keineswegs immer gut erkennbar. Auch da kann man wieder Abhilfen schaffen, indem man zusätzlich zum Stativ noch eine Abschirmung für den Monitor mitnimmt, aber für mich ist das keine praktikable Lösung.
Daher sehe ich durchaus einige Vorteile auf Seiten des elektronischen Suchers, sehe aber wie gesagt auch dessen Nachteile. Ich denke nicht, dass das eine System dem anderen in allen Belangen überlegen ist, sondern dass man für sich selber schauen muss, mit welchem System man besser klarkommt – und das muss ja kein "entweder – oder" sein: Parallels_ erwähnte ja schon, dass es Kameras mit Hybridsucher gibt – und ich für meinen Teil werde weiterhin zweigleisig bleiben, erwarte allerdings, dass die Kamera mit dem optischen Sucher eher selten zum Einsatz kommen wird (wie ich ja auch noch meine letzte analoge SLR und auch alle meine manuell zu fokussierenden SLRs noch habe, aber praktisch nicht mehr nutze) – das wird die Zeit zeigen.