Wenn mich jemand fotografiert, wo ich nur Teil einer Menge oder Beiwerk bin: piepegal. Wenn mich jemand als Hauptmotiv fotografiert, würde ich hingehen und um Löschung bitten. Wenn er das - wie bei einigen Postern hier zu vermuten - verweigern würde, würde ich die Polizei rufen und ihn bis zu deren Eintreffen festhalten. Die nehmen dann seine Personalien auf und anschließend darf sich ein Gericht mit der Frage beschäftigen, ob er oder ich über die Speicherung oder gar Verwendung meines Konterfeis als Hauptmotiv entscheiden dürfen.
Tip: Da ich keine Person des öffentlichen Lebens bin, äußerst selten an zeitgeschichtlichen Ereignissen teilnehme (schon gar nicht als eine der Hauptpersonen) und Gerichte zunehmend zugunsten einer Eigenkontrolle der persönlichen Daten entscheiden, rechne ich mir da grundsätzlich recht gute Chancen aus und würde das auch durchziehen. Sollte ein Provinzgericht da noch nicht vernommen haben, dass Art. 1 Abs. 1 S. 1 und Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG eben gerade diese Eigenkontrolle erfordern und beispielsweise die Meinung vertreten, dass ich ja über eine erlittene Peinlichkeit zu lachen habe, nur weil der Fotograf das so sieht, gibt es eben den Weg durch die Instanzen. Ob ich das - eher unwahrscheinlich - hinterher alles selbst bezahlen muss, ist mir glücklicherweise egal. Dem Fotografen auch?
Wahrscheinlich wird das Gericht eine Schlichtung empfehlen - z.B. Löschung, dafür Verzicht auf weitere Forderungen. Naja und wenn der Fotograf es selbst da noch nicht einsieht (weil er es schon beim Erstkontakt nicht konnte), wird eine Häufung derartiger Fälle oder eine Entscheidung oberer Instanzen eben tatsächlich zu einer Verschärfung der Gesetzeslage führen. Das Problem (nicht nur in Deutschland) ist nicht, dass sich "jeder über alles aufregt", sondern dass jeder der Meinung ist, er sei im Recht gerade dann, wenn er in die Rechte Anderer eingreift. Und natürlich: wenn der Bürger nicht selbst in der Lage ist, gleichberechtigt miteinander umzugehen, muss das irgendwann der Staat regeln. Ob ich mit meiner Klage dann der Grund dafür bin? Nun.. ich habe den Fotografen nur freundlich gebeten, MEIN Gesicht nicht MEINER Kontrolle zu entziehen°.
Und seien wir doch mal ehrlich - einige der Poster hier: würdet ihr mich beispielsweis als Hauptmotiv in einer peinlichen Situation fotografieren, würdet ihr mir bei der Bitte um Löschung doch auch erzählen "ach das sei gar nicht so peinlich", um mich zu beschwichtigen. Warum aber hättet ihr dann das Foto gemacht? Ihr würdet ganz klar LÜGEN, um euren Willen durchzusetzen und mir ein digitales Abbild einer für mich entwürdigenden Situation abzutrotzen.
(°Das BVerfG hatte mal Würde als Selbstbild, welches man von sich in der Öffentlichkeit schaffen möchte und zur Abgrenzung dazu Freiheit als den Bereich, in dem man dieses Selbstbild nicht aufrecht erhalten muss, ohne der Lächerlichkeit anheim zu fallen (Privatsphäre) definiert. Darauf basiert der Grundgedanke der aktuellen Datenschutzgesetzgebung mit der Aufrechterhaltung der Eigenkontrolle privater Daten und genau darauf würde auch meine Argumentation vor Gericht beruhen. Ob ich das richtig sehe, können und werden wir hier sowohl wegen des Threadthemas als auch wegen des RDG nicht erörtern - aber jeder Fotograf soll sich eben selbst ausrechnen, ob er das ggf. über mehrere Instanzen wirklich durchfechten möchte.)