Ich habe mir in einem Laden ein Museumsglas angeschaut. Es sieht so wie die entspiegelte Lesebrille aus. Das heisst man erkennt ein grünblau Schleier.
Das ist kein Problem, denn die Verfärbung betrifft nur den schräg reflektierten Lichtanteil – nicht das Licht, das senkrecht durchs Glas durchgeht (sonst müssten alle Brillen farbstichtig sein). Außerdem ist die Reflexion stark winkelabhängig. Bei senkrechter Aufsicht, wo es drauf ankommt, ist sie ziemlich gering (was ja auch der Sinn des Ganzen ist).
"Ziemlich gering" heiß allerdings nicht Null. Entspiegeltes Glas ersetzt also nicht die nötige Sorgfalt beim Einrichten von Kamera und Beleuchtung. Es ist nur eine zusätzliche Maßnahme, die etwas mehr Spielraum schafft und evtl. letzte Unsauberkeiten beseitigt.
Unter uns gesagt: Wenn man ohnehin bereits sorgfältig arbeitet, kann man sich die Entspiegelung des Glases auch sparen.
Grobe Anleitung:
Beleuchtung mit zwei gleichartigen Lichtquellen von zwei Seiten, Winkel Anhaltspunkt 35° zur Vorlage. Das passt dann für alle Vorlagenarten, auch glitzernde. Bei komplett matten oder hochglänzenden Vorlagen darf der Winkel auch etwas steiler sein, so etwa 45° bis 50°. Hauptsache, der Winkel ist nicht so steil, dass die Leuchten sich in der Glasplatte bzw. in der Vorlage spiegeln.
Die Leuchten nicht zu nah am Objekt platzieren (sonst wird's ungleichmäßig und glitzert stärker) aber trotzdem darauf achten, dass in erster Linie das Motiv beleuchtet wird und nicht die Kamera bzw. der Raum. Dazu kann man Lichtklappen, gebastelte Tuben, schwarze Fahnen oder Ähnliches verwenden.
Die Kamera möglicht weit weg stellen mit möglichst langer Brennweite (das schränkt den Winkel ungewollter Reflexionen stark ein), möglichst genau senkrecht auf die Vorlagenoberfläche ausgerichtet.
Hinter der Kamera und ums Objektiv rum möglichst alles mit schwarzem Karton oder Molton abdunkeln, damit im besten Fall nichts übrig bleibt, was sich trotz Entspiegelung im Glas noch spiegeln könnte. (Je stärker man das Licht bereits aufs Motiv konzentriert und je weniger Licht die Kamera und die Wand/Decke hinter der Kamera abbekommt, desto weniger Aufwand muss man mit dem Dunkelmachen von Kamera und Hintergrund treiben.)
Oder halt den Scanner nehmen. Das spart die Bastelarbeiten und ist ein Stück weit "narrensicher".
