Hallo Stefan,
Deine Meinung kann ich gut nachvollziehen. Die Hauttonanpassung verwende ich überhaupt nicht, da die Resultate damit bisher bei keinem Testbild annähernd das von mir gewünschte Ergebnis zu Tage gebracht haben. Allerdings habe ich einige Fotografen in meinem näheren Bekanntenkreis, die auf diese Funktion schwören.
Bei den Hauttönen generell ist es sowieso immer subjektiv. C1 liefert hier für meine Begriffe ausgezeichnete Ergebnisse, LR liegt leicht dahinter. Ob dass nun aber tatsächlich messbar ist? Ich glaube kaum, es ist einfach abhängig vom individuellen Geschmack.
Beim Schärfen und entrauschen kann ich nur eingeschränkt mit Erfahrungen dienen. In C1 nehme ich lediglich eine ganz leichte Schärfung vor, welche auf mein Schärfungsscript in Photoshop abgestimmt ist (habe schonmal hier darüber geschrieben). Der Schärfeeindruck insgesamt ist dabei ausgezeichnet und gab mir bislang zu keinem Zeitpunkt Anlass zur Kritik. Entrauschen ist etwas, dass ich nur äußerst selte anwende (eigentlich nur bei HDR-Aufnahmen, die zwangsweise durch die Aufhellung der Tiefen ein bisschen körnig wirken). Hier liefert eine externes PlugIn für Photoshop Ergebnisse genau nach meinem Geschmack, C1 kommt dabei nicht zum Zuge. Allerdings muss ich sagen, dass das High-Iso Profil von Capture Integration eine wirklich ausgezeichnete Arbeit leistet. Es liefert einen für meine Begriffe idealen Konsens aus Entrauschung und erhalt der Details. C1 ist hier also durchaus fähig, sehr gute Resultate zu erzielen. Ob diese nun besser sind als in LR? Subjektiv wieder ein bisschen, aber objektiv wohl kaum messbar.
Wo genau punktet C1 dann überhaupt, werde ich häufig gefragt. Nun, besonders gut ist die Detailwiedergabe in den Tiefen und Lichtern. Hier zaubert C1 förmlich und liefert ohne zu viel störendes Rauschen noch klar akzentuierte Farben, wo LR schon grässlich "körnig" wird. Auch die Shadow- und Highlight-Recovery Funktion ist der von LR3 (soll in LR4 verbessert worden sein) haushoch überlegen. Während LR3 hier zu hässlichen Farbverschiebungen neigt, kann C1 auch bei hohen Werten durch eine ausgezeichnete Wiederherstellung überzeugen. Sogar bei äußerst kritischen Motiven wie Portraits, die etwas zu viel Licht abbekommen haben, leistet C1 ganze Arbeit und stellt viele Details ohne unschöne Abrisse oder Verschiebungen wieder her.
Auch die Möglichkeit, in C1 eine echte Tonwertkorrektur anzuwenden, gefällt mir gut (ging in LR3 noch nicht direkt, in LR4 wurde es verbessert). So können die einzelnen Farbkanäle perfekt abgestimmt werden und somit die maximale Qualität erhalten bleiben. Nett ist zudem die Möglichkeit, für jedes Werkzeug einzelnen Presets zu erstellen und diese direkt und nur bei diesem Werkzeug auch wieder anzeigen zu lassen. Denn bestimmte Gradationskurven dienen mir immer als Grundlage und können so schnell aufgerufen werden.
Bei der CA Entfernung ist C1 eindeutig im Vorteil, und dass trotz einer Analyse. LR sollte hier aufgrund der Profile eigentlich mindestens gleichwertig sein, was jedoch leider nicht der Fall ist. Allerdings verfügt LR über eine große Anzahl an Objektivprofilen, welche C1 komplett fehlen. Für mich der größte Wehrmutstropfen, wenngleich die Qualität der LR-Profile gemäß meinen Tests nicht vergleichbar mit denen von PTlens ist. Letzeres setze ich deshalb als externen Editor in C1 ein, und kann mir somit sicher sein, der derzeit bestmögliche Korrektur zu erhalten.
Fantastisch gut gefällt mir im übrigen auch noch das Lupentool, welche bei Shootings blitzschnell und ohne die kleinste Verzögerung die Schärfe im gewünschten Ausschnitt anzeigt. LR zoomt hier das gesamte Bild, was natürlich auch geht, mir persönlich aber nicht so gut wie die Lupe in C1 gefällt. Ein wahres Killerfeature ist noch die Perspektivenkorrektur, welche bei bisher keinem anderen mir bekannten Programm so gut implementiert wurde wie bei C1. Leider wird der Nutzen etwas abgeschwächt, da, sofern Objektivfehler korrigiert werden sollen, erstmal nach jpg oder tiff konvertiert werden muss. Bisher lebe ich damit, hätte aber natürlich gerne eine elegantere Lösung.
Zuletzt käme noch die Geschwindigkeit und der Workflow, der mir einfach entgegen kommt. Eigentlich verwalte ich ja meine Bilder mit LR und übergebe via Open Directly an C1. Häufig erwische ich mich aber dabei, wie ich meine Bilder nicht in LR sichte, sondern lieber in C1. Geht irgendwie schneller und lockerer von der Hand, mit der Lupe und der Schärfemaske lässt sich Ausschuss rasend schnell finden und entfernen. Auch hier wieder subjektiv, da ja jeder andere Vorlieben hat.
In Summe mag ich C1 nach wie vor sehr gerne und ziehe es LR häufig vor. Nicht, weil LR zwingend schlechter ist. Mir liegt C1 einfach, auch wenn es leider einige unnötige Unzulänglichkeiten gibt. Mit Version 4 von Lightroom wird der Abstand zu C1 sicherlich weiter verkürzt (wenigstens, was die Bildqualität angeht), womit sich jeder natürlich gut überlegen muss, für welches Tool er sich entscheidet. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass zwischen LR4 und C1 6 mehr als ein Jahr Entwicklungsunterschied liegen. Traurig, könnte LR da keinen Nutzen herausschlagen.
Puh, jetzt ist es doch ein bisschen mehr geworden, als ich eigentlich geplant hatte
Viele Grüße,
Jörg