Wenn die heutigen digital natives denken, dass es normal ist, sich die kompletten Alben irgendeiner Rockband für lau aus dem Netz zu ziehen...
Ach komm, du bist doch sonst nicht so unpolitisch...
Cui bono?
Ich halte es für falsch, die Interessen der verschiedenen Akteure dieses Schauspiels zu vermischen.
Medienkonzerne, der Begriff Verlag ist heute eher irreführend, Verwertungsgesellschaften und Inhaltevermittler (Content-Gatekeeper) verfolgen jeweils ihre eigenen Interessen und ich kann nicht nachvollziehen, dass diese mit den Interessen der großen Masse der Kreativen übereinstimmen. Wenn sich mir gegenüber noch einer fair verhält, dann sind es die Content Gatekeeper, ob nun in Form des DSLR-Forums oder einer google Tochter.
Der Treppenwitz der Geschichte ist doch, dass das heute weitestgehend vorherrschende "Pay per Use Modell" eigentlich die Idee der großen Musikverlage und Verwertungsgesellschaften war, die den letzten Medienwechsel als geeigneten Zeitpunkt angesehen haben, um dieses Modell durchzudrücken: Die Vorstellung war, dass der Konsument kein Medium mehr erwirbt, sondern bei jeder einzelnen Nutzung an das Label zahlt. Damals schwirrten Beträge von 99 Cent pro Nutzung durch den Raum, die ihren Weg irgendwie direkt zu den (Musik-) Verlagen finden sollten, und die Verantwortlichen hatten schon feuchte Augen, ob der astronomischen Gewinne. Ich war dabei, bei den Fachvorträgen zu dem Thema...
Dumm nur, dass allesamt nicht vorher gesehen haben, dass das Modell dann ein ganz klein wenig anders von den heutigen Conten Gatekeepern umgesetzt wurde.
Den Verlagen und den Verwertungsgesellschaften geht es doch kein Stück um die Rechte der Kreativen und noch weniger um die Rechte der Konsumenten. Ihnen geht es auch nicht um die Rechte der Content Gatekeeper, die über Jahre als Graswurzelbewegung entstanden sind, also alle die mit viel Engagement geführten Foren, Blogs, Online-Galerien, etc.
Sie befinden sich im Krieg mit den großen Content Gatekeepern um die Gewinne und alles andere sind Kollateralschäden.
Ich kann jedenfalls die letzten 15 Jahre bei all den Reformen keine Stärkung der Rechte der Konsumenten, der Kreativen oder der kleinen Inhaltevermittler feststellen. Es gibt nach wie vor keine vernünftige Fair Use Regelung in Europa. Es gibt auch bei dieser Reform keine Stärkung der Kreativen gegenüber den Verwertungsgesellschaften und Verlagen.
Schau dir doch einfach mal an, wie sich die Bedingungen z.B. eines Autors oder Fotografen gegenüber einem Zeitungsverlag in den letzten Jahren verschlechtert haben und wer genau eigentlich von den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften über den Verteilungsschlüssel profitiert. Man müsste doch annehmen, dass den Kreativen inzwischen die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, aber das genaue Gegenteil ist der Fall.
Artikel 11: Mit dem Leistungsschutzrecht hat sich ja schon der deutsche Gesetzgeber zum Deppen gemacht. Heiß umkämpft und kaum unterschrieben haben die vermeintlichen Profiteure nicht besseres zu tun, als zu verkünden, dass sie darauf verzichten.
Artikel 13: Soll vor allem den Bedeutungsverlust der Verwertungsgesellschaften ausgleichen. Frei nach dem Motto: Ich mache dir ein Angebot, dass du nicht ablehnen kannst.
Artikel X: Meines Wissens nicht zu finden sind Regelungen zu einem Faire Use, dass den Namen verdient, und vor allem Regelungen, die die Position der Kreativen, Stichwort Drittverwertung und Verteilungsschlüssel, stärkt.
Die von Herrn Voss gebetsmühlenartig vorgetragene Gleichung Verlage+Verwertung
ist gleich Künstler und Content Gatekeeper
ist ungleich Künstler stimmt halt nun mal nicht, nicht einmal im Ansatz. Was hilft mir denn diese Reform, wenn ein Medienverlag zu mir sagt, alle Rechte, keine Nachforderungen, friss oder stirb? Aber es kommt ja noch "besser": Die Abgrenzung zwischen Konsument und Kreativem ist heute doch gar nicht mehr möglich. Wer sich hier im Forum beteiligt, ist sowohl Konsument, als auch Kreativer. Wer Twittert ist Konsument und Kreativer, usw, usw, usw. So war das ja auch alles mal gedacht, mit dem User Generated Content.
Die GEMA hat sage und schreibe gerade mal 6300 Kreative als Mitglieder, Wie viel Mitglieder hat doch gleich alleine das DSLR-Forum? Nahezu jeder Text und jedes Bild, dass hier hochgeladen wird ist eine kreative Leistung. Jeder der sich hier einbringt ist ein Kreativer. Die Betreiber dieses Forums ermöglichen es mir mein Werk zu zeigen.
Um auf deine Ausgangsthese zurück zu kommen:
Und?
Welches Naturgesetz schreibt denn vor, dass die Verlage, Verwertungsgesellschaften und einige wenige Künstler und ihre Erben, inzwischen gefühlt bis zu dem Sankt Nimmerleinstag, Unsummen an den Rechten zu verdienen haben?
Bis weit in die 60er haben Musiker ihr Geld mit Live-Auftritten verdient. In einer historisch außerordentlich kurzen Zeitspanne, den 70er und 80ern, war das Konzert nur noch eine Marketingaktion um Tonträger zu verkaufen und man hat dabei drauf gelegt. Heute ist es wieder das Konzert, mit dem die Asche verdient wird. Man könnte ja auch mal ganz gelassen von einer Normalisierung der Marktsituation sprechen und die 70er und 80er als historische Ausnahme ansehen.
Und noch einmal: Die GEMA hat gerade mal 6.300 Kreative als Mitglieder, vertritt aber die Rechte von 2 Millionen Rechteinhabern. Da ist doch längst was völlig schief im System der Verwertungsgesellschaften.
So What?
Isch abe fertig...