Ich bin da auch etwas unsicher, was ich von dem Blog halten soll.
Dass die Hardwarekalibrierung gegenüber Softwarekalibrierung als Nonplusultra gelobt wird und der gängigste Zwischenweg (nämlich die hardwaregestützte Vor-Kalibrierung am Monitor, anschließend nur noch Feinheiten über die Grafikkarten-LUT) völlig unter den Tisch fällt, ist bedauerlich - aber in Anbetracht des Hintergrunds des TO irgendwie verständlich.
Was mich allerdings auch sehr stört, ist das Fehlen eines Hinweises auf die Notwendigkeit von Farbmanagement in der Software. Das ist immerhin der Punkt, über den fast jeder Einsteiger stolpert. Auf die Idee, dass die Kalibrierung nur die eine Hälfte der Anpassung ist, kommt doch niemand von sich aus.
Dass Farbmanagement nur mit Software funktioniert, die farbmanagementfähig ist, versteht sich wohl von selbst.
Nein, das tut es nicht. Der typische Einsteiger denkt: Ich kalibriere meinen Monitor, und dann stimmen die Farben. Aber das tun sie eben nicht. Denn auch der engagierteste Bildbearbeiter benutzt auch mal ein Office-Programm und bindet dort Bilder ein, oder richtet sich einen eigenen Desktop-Hintergrund ein, oder öffnet Bilder mit irgendwelchen einfachen Betrachtern.
Das gilt aber heutzutage für alle begräuchlichen, aktuellen Bildbearbeitungsprogramme.
Der neue Standard-Bildbetrachter von Windows 10 kann überhaupt kein Farbmanagement. Der Standardbildbetrachter von Windows 7/8 verliert sein Farbmanagement, wenn man in den Vollbild-Modus schaltet. Beliebte Bildbetrachter und Stapelverarbeiter wie IrfanView oder XnView können Farbmanagement nur nach manueller Aktivierung (und auch dann nur mit großen Einschränkungen). Canons "Digital Photo Professional", das jeder Canon-DSLR beiliegt und schon deshalb große Verbreitung hat, macht Farbmanagement erst nach manueller Einrichtung. Und die Liste kann man beliebig fortsetzen.
Wer nicht weiß, dass man - trotz Kalibrierung - Farbmanagement in der Software braucht, ist früher oder später geliefert.
Nun, das Blogposting trägt nicht den Titel "Alles, was man über Farbmanagement wissen muss", sondern beschäftigt sich mit der Abgrenzung zwischen Hard- und Softwarekalibrierung.
So leicht kannst Du Dich nicht aus der Affäre ziehen!
Der Blog-Artikel ist sehr einsteigergerecht geschrieben und richtet sich ganz bestimmt nicht an angehende Profis, die schon alles Andere wissen und nur noch an der Unterscheidung zwischen Hardware- und Softwarekalibrierung (also einem kleinen Teilaspekt der Thematik) knabbern.
Es gibt einige missverständliche Passagen - zum Beispiel, wenn Du die Reduzierung der Tonwerte durch Softwarekalibrierung beklagst und mit keinem Wort erwähnst, dass auch die Anwendung des Farbmanagement eine (zusätzliche) Tonwertreduzierung mit sich bringt. Und der schon erwähnte Satz "Nach der Kalibrierung zeigt der Monitor also exakt die Farben an, die vom Computer vorgegeben werden." ist schon etwas mehr als missverständlich. Wenn man es ganz genau liest, merkt man, dass Du Dich nur auf die Kommunikation zwischen Grafikkarte und Monitor beziehst - und so gesehen, ist der Satz technisch korrekt. Aber wer sich noch nicht gut mit Farbmanagement auskennt, kann gar nicht anders, als es falsch zu verstehen.
Ich finde, man hat als Veröffentlicher solcher Grundlagenartikel eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Leser.
Das Missverständis wäre durch zwei, drei zusätzliche Sätze an geeigneten Stellen leicht zu beheben. Eine genauere Erklärung würde sogar Deine Argumentation pro Hardwarekalibrierung unterstützen: Sichtbare Tonwertabrisse entstehen nämlich fast nie, nur weil an irgendeiner Stelle Tonwerte einmalig reduziert wurden. Sie entstehen viel häufiger dann, wenn mehrere solche Schritte aufeinanderfolgen, z. B. zuerst eine Kalibrierung in der 8-Bit-LUT der Grafikarte und dann noch das eigentliche Farbmanagement, das ja in der Regel auch nur 8 Bit pro Kanal zur Verfügung hat.