- such dir ein Thema, von dem du Ahnung hast (Ahnung ist mit das Wichtigste an einer Reportage, hast du die schon, spart das Zeit zur Vorbereitung)
Da sprechen eine Menge Punkte dagegen:
1. Soll er ja lernen Reportagen zu fotografieren, also etwas zu sehen, zu begreifen und es dann so umzusetzen, daß andere es anhand der Bilder nachvollziehen können.
Wenn er das nur mit Themen macht, wo er sich schon auskennt, dann werden ihm schnell die Themen ausgehen und spätestens, wenn er dann mal was machen muß wovon der fachlich keine Ahnung hat, fällt er auf die Nase.
Ganz abgesehen davon, daß das was den Job so spannend macht ja gerade die Neugierde (im positiven Sinn) und der Umstand sind, daß man ständig in Bereiche kommt, die auch für den Fotografen spannend sind.
2. Leute die von einem Thema zuviel Ahnung haben, können es nicht mehr unbedingt allgemeinverständlich erzählen, weil sie zuviel voraussetzen oder zu sehr ins Detail wollen.
3. Ist man da wo man sich schon auskennt meistens nicht wirklich unbefangen und obendrein stärker in Gefahr vereinnahmt zu werden. Ganz einfach weil man die Leute dann mitunter schon kennt, denen nicht auf die Füße treten mag, man ihnen dankbar ist, daß sie einen rein gelassen haben...
Einfaches Beispiel: Man macht die Reportage über alte Menschen im Heim und die Pflege dann eben nicht irgendwo in irgendeinem Heim, sondern da wo Mutti arbeitet und da man ja nicht will, daß Mutti Ärger bekommt, zeigt man eben nicht, wie die Menschen da den ganzen Tag vor sich hin vegetieren, weil es ein schlechtes Heim ist, sondern macht schicke PR-Bilder bei den einmal wöchentlich stattfindenden 30 Minuten Sitztanz...
Und diese ganzen Reportagen bei denen man merkt, daß Foto-Studenten aus Einfallslosigkeit und im Rahmen einer gewissen Kontaktscheu ihre "Zivistelle", ihren Fußballverein, ihre eigenen Großeltern etc. fotografieren sind weitestgehen grauenhaft. "Was macht Papa den ganzen Tag" ist ein Referatsthemenklassiker für die Grundschule.
Und zum Thema "Vereinnahmung" fällt mir dann noch diese völlig unkritische Burschenschafts-"Reportage" ein, die beim diesjährigen Lumix-Festival in Hannover zu sehen war, wo dann sogar die Bildbeschriftungen stellenweise klangen als wäre das in der Hauspostille der jeweiligen Burschenschaft erschienen, weil deren Duktus direkt unreflektiert übernommen und nicht etwa als Zitat genutzt wurde.
- such dir ein Thema, daß dich interessiert. Pflichtgemäßes Abarbeiten sieht man Bildern an
- such dir ein Thema, zu dem du eine Haltung hast oder entwickeln kannst;
Das sind beides wichtige Punkte, wobei das schon eher schwierig ist, wenn man in Internetforen wegen Themen fragt. So ein gewisses Maß an Neugierde und Interesse sollte man für den Beruf schon mitbringen.
- such dir ein Thema, wo dir schon im Kopf die vielfältigsten Gestaltungsmöglichkeiten einfallen. Du brauchst gestalterische und inhaltliche Vielfalt für eine Serie. Denk dir vorab eine Dramaturgie aus (die man hinterher getrost wieder verwerfen kann), damit du erstmal einen Leitfaden hast.
Das finde ich für eine Reportage kontraproduktiv bis ethisch schwierig.
Es geht doch darum zu zeigen wie etwas wirklich ist bzw. es aufrichtig so wiederzugeben, wie man es selbst erlebt hat und nicht darum, zu versuchen die eigenen Vorstellungen/Vorurteile davon/darüber, wie etwas sei, in Bilder zu gießen.
Wer sich da vorher zuviel zurchtlegt, läuft Gefahr, sein Ding durchzuziehen und die eigentliche Geschichte dem unterzuordnen.
Das sieht man doch immerwieder schon bei einfachen Geschichten/Terminen, wo Fotografen auf friedlichen Demos mit 10.000 Teilnehmern auf den einen Eierwerfer lauern, und dabei die eigentliche Geschichte verpassen, weil in Ihren Köpfen kein Platz für was anderes als das "ein gutes Demo-Foto ist ein Randale-Foto"-Mantra ist. Was denen dann meistens noch einfällt ist die "viele Demonstranten"-Übersichtsaufnahme und das war es. Dass am Ende die eigentliche Geschichte eigentlich war, daß das Großeltern und Enkel gemeinsam gegen oder für etwas demonstriert haben, erzählen diese Bilder nicht, weil ein Bild von Oma und Enkel für viele Fotografen nicht "denkbar" und deswegen auch "unfotografierbar" ist. Was natürlich auch damit zu tun hat, daß viele Fotografen dazu degeneriert sind die Fotoillustrationsideeen aus den Köpfen drittklassiger Text-Redakteure umzusetzen.