Natürlich kann man mit 500 Euro starten, um erst einmal einen Fuß in die Tür zu bekommen …
Ich halte das für gefährlich: der Preis spricht sich rum und dann ist man in seiner Region "festgenagelt". Wenn der Zuschlag nur über den Preis stattfindet, hat man in den meisten Fällen mit einer langen Serie an (aus Asympathie resultierenden) Reklamationen zu leiden, was bis zur Geschäftsstörung ("Wenn du kein Geld hast, ist der schon OK, aber …") reichen kann.
Und der "Fuß in der Tür" ist bei Hochzeiten eher lachhaft, außer man hat einen notorischen Heiratsschwindler an der Angel. Die sogenannten "Empfehlungen" beruhen in der Mundpropaganda zu gutem Teil auch auf dem Preis und den hat man sich schon in Schritt eins langfristig verhagelt. Wie erklärt man dem Cousin, dass seine Taufe plötzlich das Doppelte kostet wie die Hochzeit der Cousine?
Was auch gern unterschätzt wird: wenn man im untersten Preissegment agiert, kommt der Preis als Qualitätsdeckel zum Tragen ("Für … kann man ja nicht mehr verlangen"). Wiegt man sich als Fotog dann in Sicherheit und zieht die Preise an, hat man es plötzlich mit sehr viel höheren Ansprüchen zu tun, die man im Nachhinein nicht erfüllen kann.
Diese Gratwanderung macht Selbstständigkeit zum Dauerakt auf dem Hochseil ohne Netz; das kann sich niemand vorstellen, der nur nebenbei als "zweites Standbein" ein bisserl fotografiert. Wobei ich wie gesagt kein Problem mit solchen Nebenerwerbsfotografen habe -- es ist aber ein riesiger Unterschied, ob ich die Miete vom Chef bezahlt bekomme und ich bloß um den nächsten Flug in den Süden fotografiere, oder ob ich um die Zahnspangen der Kinder, die Gehälter der Mitarbeiter, die Vorschreibungen der Sozialversicherung und die Abschreibung für die Gerätschaft um jeden Job kämpfe.
Denn bei den angepeilten 60 000 Umsatz im Jahr bleibt unter'm Strich weniger, als wäre man im Angestelltenverhältnis tätig. Aus den 5000 / Monat wird sehr schnell die Hälfte (Miete, Leasing, Spesen, …) und von den verblieben 2500 bezahlt man dann nicht nur den "Arbeitnehmeranteil vom Brutto" bei SV und Einkommensteuer, sondern auch den Arbeitgeberanteil, der den meisten Angestellten "unsichtbar" bleibt. Da bleibt trotz Vollzeitarbeit wenig, was man für die mageren Zeiten sparen könnte -- allerdings hat man mehr Zeit und kann sich selbst am Ohr ziehen, wenn man einen Job verblasen hat. Auch was Schönes